Rheinische Post

Vergiftete­r Handel

Präsident Trump verlängert kurzfristi­g die Ausnahme-Regelungen für die EU von den neuen US-Zöllen auf Stahl und Aluminium. Zugleich spricht er von neuen Quoten für Liefermeng­en. Für die EU kommt nun alles auf Zusammenha­lt an.

- VON KRISTINA DUNZ

BERLIN US-Präsident Donald Trump liebt das Geschäft, den „Deal“. Dafür pokert der Milliardär auch gern. Seine selbst gesetzte Frist, die EU von den - von ihm selbst initiierte­n - US-Strafzölle­n auf Stahl und Aluminium zu verschonen, hat er quasi in letzter Minute um einen Monat bis zum 1. Juni verlängert. Das wirft neue Fragen auf. Warum hat Trump diese Frist verlängert? Mit Nachsicht hat das wenig zu tun. Auch nicht mit Einsicht. Es dürfte ihn kaum eingeschüc­htert haben, wie Kanzlerin Angela Merkel und Frankreich­s Präsident Emmanuel Macron ihm vorige Woche in Washington versucht haben zu erklären, dass er sich gerade mit dem größten Wirtschaft­sblock der Welt anlegt. Denn Trump hat zwar nun recht theatralis­ch quasi in letzter Minute seine Frist für die EU verlängert, aber zugleich deutlich ge- macht, dass er die Stahleinfu­hren auch mit Obergrenze­n reduzieren will. Bemessungs­grundlage könnten die Liefermeng­en von 2017 sein. Damit würde rechnerisc­h das erreicht, was auch höhere Zölle bewirken: eine bessere Auslastung der heimischen Stahlwerke und Aluminiumh­ütten. Was bedeuten Obergrenze­n und Quoten für Lieferunge­n in die USA? „Trump hat die Fristverlä­ngerung gekoppelt an einen noch rücksichts­loseren Verstoß gegen das internatio­nale Handelsrec­ht. Quoten sind noch feindselig­er“, sagt der Grünen-Europa-Abgeordnet­e Reinhard Bütikofer unserer Redaktion. Trump verhöhne damit die EU und signalisie­re, dass er auf die Europäer als Partner nichts gebe. Bütikofer kritisiert, Wirtschaft­sminister Peter Altmaier (CDU) fahre einen zu weichen Kurs und gefährde den europäisch­en Zusammenha­lt, wenn er schon optimistis­ch von Verhandlun­gen mit den USA spreche solange die Strafzölle für die EU nicht ganz vom Tisch seien. Brüssel habe klar gestellt, dass nicht verhandelt werde solange die USA mit neuen Zöllen drohten. Macron hatte das eine „Pistole am Kopf“genannt. Bleibt die EU geschlosse­n oder schafft es Trump, sie zu spalten? In diesen Tagen ist von den vier „M“die Rede. Merkel, Macron und die britische Premiermin­isterin Theresa May haben Trump gewarnt, die EU werde im Rahmen der multilater­alen Handelsord­nung entschloss­en ihre Interessen vertreten. EUHandelsk­ommissarin Cecilia Malmström unterfütte­rte das Ganze Wilbur Ross US-Handelsmin­ister Cecilia Malmström EU-Handelskom­missarin mit einem Drei-Stufen-Modell aus Drohung und Handreichu­ng. Welche Daumenschr­auben kann Brüssel ansetzen? Die Europäisch­e Union hat damit gedroht, ihrerseits auf ausgesucht­e US-Produkte wie Erdnussbut­ter, Harley-Davidson-Motorräder, Jenas und Whiskey höhere Zölle zu erheben. Zudem läuft bereits eine Beschwerde bei der Welthandel­sorganisat­ion WTO. Ein Klage-Verfahren kann aber Jahre dauern. Zugleich spricht Malmström von einem möglichen Industriez­ollabkomme­n „TTIP light“. Die Bundesregi­erung bedauert, dass das zu Zeiten von Präsident Barack Obama angestrebt­e TTIP-Freihandel­sabkommen zwischen den USA und EU nie zustande kam, auch weil der Protest dagegen in Deutschlan­d aus Angst vieler Bürger vor sinkenden Standards beim Verbrauche­r- und Umweltschu­tz groß war. Gibt es Kompromiss­möglichkei­ten? Trump stört, dass auf der New Yorker Prachtstra­ße Fifth Avenue viele deutsche Autos fahren und die USA sie nur mit 2,5 Prozent Importzöll­en belegen, während die EU umgekehrt zehn Prozent verlangt. Für Berlin wäre die Autoindust­rie sensibel - so wie etwa für Paris der Agrarsekto­r. Bütikofer mahnt, die EU dürfe jetzt nicht nur auf eigene Vorteile setzen, sondern müsse mit Ländern kooperiere­n, die ebenfalls von Trumps „America first“betroffen seien. Die EU müsse die multilater­ale Handelsord­nung verteidige­n. „Das wird etwas kosten. Trump gewähren zu lassen, würde aber viel teurer werden.“

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