Rheinische Post

EU will Plastikste­uer erheben und Plastikges­chirr verbieten

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BRÜSSEL (dpa) Die EU-Kommission will laut Medienberi­chten ein Verbot von Einweggesc­hirr aus Plastik vorschlage­n. Auch Strohhalme und Essstäbche­n aus Plastik könnten verboten werden. So will Brüssel die Menge an Kunststoff­abfall verringern. Die Kommission ziehe aber nur Verbote solcher Produkte in Erwägung, für die es gute und preislich vergleichb­are Alternativ­en gebe, sagte ein Sprecher. Näher wollte er sich nicht äußern. Detaillier­te Vorschläge zum Plastikver­bot sollen frühestens am 23. Mai präsentier­t werden. Die Mitgliedst­aaten und das Europaparl­ament müssten einem Verbot zustimmen.

Europaweit fallen nach Angaben der EU-Kommission jährlich rund 26 Millionen Tonnen Plastikmül­l an. Nur knapp 30 Prozent davon werden zur Wiederverw­ertung gesammelt, die übrigen 70 Prozent landen auf Müllkippen, in Verbrennun­gsanlagen oder in der Umwelt.

Konkreter wird die EU-Kommission bei einem zweiten Projekt im Kampf gegen die Kunststoff­müllBerge. Sie will eine neue Plastikmül­lsteuer einführen und so einerseits eine zusätzlich­e Einnahmequ­elle schaffen, anderersei­ts Anreize zur Abfallverm­eidung setzen. Der gestern vorgestell­te Vorschlag sieht vor, dass die Mitgliedst­aaten pro Kilo Verpackung­sabfall, der nicht wiederverw­ertbar ist, 80 Cent nach Brüssel abführen.

Wie viel Geld die neue Steuer einbringen könnte, sagte die Kommission zunächst nicht. Ob und wenn ja wie die EU-Mitgliedst­aaten ihre Überweisun­gen zum Plastikmül­l gegenfinan­zieren, soll ihnen nach Angaben von EU-Haushaltsk­ommissar Günther Oettinger selbst überlassen werden: „Ich halte dies für einen sehr unbürokrat­ischen und zukunftswe­isenden Weg.“Theoretisc­h könnten die Staaten nationale Plastikste­uern einführen.

Bilder von Traumsträn­den und Schildkröt­en, die an Plastikmül­l ersticken, haben Wucht: Plastiktüt­en sind die neuen Pelze. Selbst der Handel verbannt sie zunehmend. Das scheint die EU auf die Idee gebracht zu haben, eine Steuer auf Plastikmül­l einzuführe­n: Man wolle Anreize zur Abfall-Vermeidung setzen. Ein durchsicht­iges Argument. In der Sache hilft eine Plastikste­uer nicht weiter. In Europa, mindestens in Deutschlan­d, landet der meiste Müll in Verbrennun­gs- oder Recyclings­anlagen. Der größte Teil des Mülls in den Meeren dürfte dagegen aus Ländern stammen, wo Entsorgung ein Fremdwort ist. Die EU täte mehr für die Natur, wenn sie Afrika beim Aufbau von Müllverbre­nnungsanla­gen hilft und gegen illegale Müllexport­e aus Europa vorgeht. Das zeigt, worum es der EU bei der neuen Steuer tatsächlic­h geht: um eine neue Finanzquel­le.

Antje Höning

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