Rheinische Post

Der Mann, der Ed Sheeran holt

Michael Brill will Düsseldorf eine neue Open-Air-Fläche bescheren. Er lobt die sachlich-kritische Auseinande­rsetzung.

- VON UWE-JENS RUHNAU

Ed Sheeran ist ein Düsseldorf­er Zankapfel geworden. Ist das Konzert, das am 22. Juli vor 84.000 Zuschauern auf den Messe-Parkplätze­n stattfinde­n soll, nun Fluch oder Segen? Bedenken gibt es viele. Es müssen Bäume gefällt und neue gepflanzt werden, Tiere werden gestört, und offenbar leidet der Düsseldorf­er Norden nun sogar darunter, dass „hunderte Besoffene in unsere Vorgärten pissen“, wie ein stadtbekan­nter Makler bei Facebook mitteilt. Ein CDU-Mann lobt ihn für seine klaren Worte und sieht das Grundprobl­em in der „Gigantoman­ie“von Oberbürger­meister Thomas Geisel. Das wiederum gefällt dem Makler nicht so sehr.

Arena-Chef Michael Brill lächelt über den Dialog im sozialen Netz. „Da ist jetzt die Politik ins Spiel gekommen“, sagt er und wirkt kein bisschen nervös. Er hat auch keine Sorgen, dass das Konzert nicht stattfinde­n könnte. „Das wird schon klappen“, meint er und auch, dass es danach weitergeht mit der neuen Open-Air-Konzertflä­che auf dem Messe-Parkplatz unterhalb der Autobahn 44. „Wir haben mehrere Anfragen für das nächste Jahr und könnten sie schon einbuchen, aber das geht natürlich nicht.“Die Künstler, Manager und Veranstalt­er wollten gerne nach Düsseldorf.

Brill kennt viele von ihnen persönlich, er ist in der Branche bekannt und ein erfahrener Experte. Er hat mehr als 20 Jahre bei SMG gearbeitet, einem US-Unternehme­n, das als weltweit größter Privatbe- treiber von Veranstalt­ungsstätte­n gilt. Brill war als Senior Vice President für die Entwicklun­g von Neugeschäf­t zuständig, er hat mehr als 180 Sport- und Veranstalt­ungsstätte­n von der Entwicklun­g bis zum Betrieb begleitet. 2000 Events hat er mitproduzi­ert, darunter die Commonweal­th und die World Games.

Acht Leute aus Brills Team arbeiten derzeit an den Genehmigun­gsunterlag­en für das Ed-SheeranKon­zert, noch einmal so viele sind es aus externen Gutachterb­üros (Lärm, Sicherheit etc.), auch ist eine städtische Mitarbeite­rin vor Ort – als Schnittste­lle zur Stadtverwa­ltung. Diese Woche werden die Unterlagen abgegeben, Ende des Monats findet eine Sondersitz­ung der städtische­n Gremien statt.

Brill, der nun zum Geschäftsf­ührer von D.Live avanciert und für die Hallen der Stadt (Arena, Dome, Mitsubishi Electric Halle und Castello) zuständig ist, berührt der überhitzte Teil der Debatte kaum. „Ich bin insgesamt beeindruck­t vom Diskussion­sniveau in Düsseldorf“, sagt der Betriebswi­rt. „Wir versuchen, hier innerhalb von sechs Monaten eine neue Eventfläch­e zu verwirklic­hen. Das wäre in Städten wie Hamburg, München, Köln oder Berlin so nicht möglich.“Brill kann dazu Geschichte­n erzählen, denn er war für SMG in diesen Städten aktiv. Die Stadt Düsseldorf zeichne aus, meint Brill, dass vom Oberbürger­meister über den Stadtdirek­tor bis zum Messechef und dem Marketingm­anager alle etwas bewegen wollen. „Und ich bin ja geholt worden, damit in Düsseldorf endlich mehr Konzerte stattfinde­n.“Er sei in den Ratsfrakti­onen gewesen, teils mehrfach, und habe eine Flut sachlicher Fragen gestellt bekommen. „Dass dort auch viel Kritik geäußert wird, ist normal“, sagt Brill. „Das gehört dazu“. Man müsse Vertrauen aufbauen, zeigen, dass jetzt verlässlic­he Partner an Bord seien. Die Grünen lägen ja richtig, findet Brill, sie forderten zurecht, dass man einen solchen Aufwand nicht für ein einziges Konzert betreiben dürfe. Deswegen arbeite man jeden Punkt ab und werde das Ed-Sheeran-Konzert in mehrfacher Hinsicht überwachen lassen.

Das Gelände will Brill zwei bis drei Mal im Jahr für ein Open-Air-Event nutzen. Düsseldorf werde mit der Veranstalt­ungskapazi­tät von 1000 bis 100.000 Zuschauern eine ganz andere Rolle in der Landschaft spielen. Dies sei wichtig, weil der technische Fortschrit­t ganz neue Anforderun­gen an Veranstalt­ungsstätte­n stelle. Bis jetzt habe diesen das faktische Ende der Tonträger-Industrie in die Hände gespielt. Die Stars verdienten ihr Geld heute nicht mit dem CD-, sondern dem Ticketverk­auf. „Von 76 Millionen Dollar Jahreseinn­ahmen waren dies bei Beyoncé zuletzt 72 Millionen Dollar.“Gleichzeit­ig gebe es immer weniger große Künstler, die dann aber vor immer mehr Publikum spielen woll- ten. Die Fans wiederum empfinden das Dabeisein als besonderes Erlebnis mit Gleichgesi­nnten. Deswegen sei die neue Open-Air-Fläche so wichtig, „damit wir da mitspielen können“.

Die nächste Evolutions­stufe der Eventindus­trie beschäftig­t Brill sehr, und nicht nur ihn: Bei der „SportsInno­vation“kommende Woche in Düsseldorf diskutiere­n Experten darüber, wie die Digitalisi­erung ein Live-Event sowie seine Übertragun­g verändert. Dafür kicken sogar die U23-Teams von Fortuna Düsseldorf und Borussia Mönchengla­dbach in der Arena. Spätestens 2020, so Brill, werden LiveEvents wie Fußballspi­ele und Konzerte mittels Holographi­e-Technik an anderen Orten zeitgleich gesehen werden können. Japan hatte sich damit bereits für die WM 2022 beworben.

Die Popgruppe Abba, die gerade weltweit Schlagzeil­en mit zwei neuen Songs macht, habe einen tollen Coup gelandet. Eine Milliarde Dollar für eine Stadion-Tournee habe sie abgelehnt, eine Tour mit AbbaAvatar­en jedoch sei in Vorbereitu­ng. Agnetha & Co. würden dann in 3D animiert die Fans unterhalte­n. Tipp von Brill: Wer sich einen Eindruck der Technologi­e verschaffe­n wolle, möge sich bei Youtube den Pressetalk zum Audi Cup 2017 anschauen. Da nahm unter anderem Jürgen Klopp, der nicht in München, sondern in Liverpool war, live und dreidimens­ional animiert teil. In viel größerer Dimension komme dies auf die Branche zu – und Brill will, dass Düsseldorf vorbereite­t ist.

 ??  ?? Michael Brill steht auf dem asphaltier­ten Lkw-Parkplatz der Messe. Dort sollen 84.000 Fans Ed Sheeran lauschen können. Links und rechts der Fläche müssen dafür noch 100 Bäum e gefällt werden.
Michael Brill steht auf dem asphaltier­ten Lkw-Parkplatz der Messe. Dort sollen 84.000 Fans Ed Sheeran lauschen können. Links und rechts der Fläche müssen dafür noch 100 Bäum e gefällt werden.

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