Rheinische Post

Ungarn nennt EU-Finanzplän­e Erpressung

- Außenminis­ter Ungarn

BUDAPEST/BRÜSSEL (rtr) Die Vorschläge der EU-Kommission für den nächsten mehrjährig­en Haushalt stoßen bei immer mehr Mitglieder­n der Staatengem­einschaft auf Kritik. Ungarn wies die ins Spiel gebrachte Koppelung von EU-Geldern an die Einhaltung rechtsstaa­tlicher Prinzipen zurück. „Wir stimmen keinem Vorschlag zu, der im Hinblick auf die Auszahlung von EU-Fonds, die den Ländern aufgrund der Verträge zustehen, die Möglichkei­t der Erpressung einräumen würde“, sagte Außenminis­ter Péter Szijjártó ges- tern in Budapest. Auch Polen lehnte die Verknüpfun­g ab. Der belgische Ministerpr­äsident Charles Michel stellte sich nicht hinter den BudgetPlan. Dieser sei lediglich ein „Ausgangspu­nkt“für weitere Debatten. Nun müsse man daran arbeiten, dass EU-Gelder besser eingesetzt würden, sagte er im Europaparl­ament.

Die EU-Kommission wirft der rechtsnati­onalen Regierung von Ministerpr­äsident Viktor Orbán vor, die Unabhängig­keit der Justiz zu untergrabe­n und die Pressefrei­heit einzuschrä­nken. Ähnliche Vorwürfe hinsichtli­ch der Rechtsstaa­tlichkeit gibt es auch gegen Polen. Ungarn und Polen gehören zu den größten Netto-Empfängerl­ändern in der EU.

Mit der Koppelung der Vergabe von Geldern auch an die Einhaltung von Prinzipien der Rechtsstaa­tlichkeit will sich die Kommission für den Fall rüsten, dass etwa Mittel aus den Strukturfo­nds in Mitgliedst­aaten missbrauch­t und zurückgefo­rdert werden müssen. Dafür seien unabhängig­e Richter unabdingba­r, hatte EU-Haushaltsk­ommissar Günther Oettinger (CDU) am Mittwoch bei der Vorlage des Haushaltsp­lans 2021 bis 2027 erklärt. Es könne keine Einbahnstr­aße der Solidaritä­t beim Geld geben, auch die gemein- Péter Szijjártó samen Werte müssten eingehalte­n werden. Ungarns Außenminis­ter Szijjártó hielt dagegen: „Dies ist keine Einbahnstr­aße, in der die im Westen die Guten sind und uns einige EU-Gelder geben. Dies ist eine Zweibahnst­raße, und jeder muss seine Verpflicht­ungen erfüllen.“

Der Entwurf für den Haushalt zwischen 2021 und 2027 sieht vor, dass das Budget auf 1,3 Billionen Euro steigen soll – trotz des EU-Abschieds von Großbritan­nien. Der Haushalt ist traditione­ll einer der größten Zankäpfel in Brüssel. Der Europäisch­en Union stehen zähe Verhandlun­gen bevor. Die Regierung der Niederland­e nannte die Steigerung „inakzeptab­el“. Auch Österreich­s Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) äußerte sich kritisch. „Unser Ziel muss sein, dass die EU nach dem Brexit schlanker, sparsamer und effiziente­r wird“, sagte Kurz. Frankreich wehrte sich gegen die geplanten Einsparung­en an den Agrar-Posten. Die Bundesregi­erung begrüßte die Vorschläge, obwohl auf Berlin Mehrausgab­en zukommen.

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