Rheinische Post

Bayer geht im Kerngeschä­ft die Luft aus

Die Übernahme des US-Konzerns Monsanto rückt näher. Doch Lieferausf­älle in Leverkusen, Probleme bei rezeptfrei­en Arzneien und der starke Euro lassen Umsatz und Gewinn sinken. Zugleich steigt Bayer bei Covestro aus.

- VON ANTJE HÖNING

LEVERKUSEN Bei der Übernahme von Monsanto ist Bayer auf der Zielgerade­n. Doch im operativen Geschäft werden die Leverkusen­er kurzatmig. Der Gewinn fiel im ersten Quartal um 5,2 Prozent auf 2,9 Milliarden Euro. Der Umsatz sank um 5,6 Prozent auf 9,1 Milliarden. Bayer muss die Prognose kassieren und erwartet nun für das Gesamtjahr Rückgänge. Bayer verweist auf den starken Euro, daneben gibt es viele hausgemach­te Probleme.

Bayer bekommt die Schwierigk­eiten bei rezeptfrei­en Arzneien (Consumer Health) nicht in den Griff. Hier brach der Gewinn gar um 20 Prozent ein. Bis heute ist Bayer die Integratio­n des vom US-Konzern Merck übernommen­en Geschäfts mit Marken wie Dr. Scholl’s nicht gelungen. Nun ging der Umsatz des Sonnenschu­tzmittels Coppertone zurück. Divisions-Chefin Erica Mann hat zum 1. März die Koffer gepackt, jetzt soll es Heiko Schipper richten. Die Probleme lassen Analysten an der Fähigkeit von Bayer zweifeln, große Zukäufe auch integriere­n zu können. Merck war 2014 mit zehn Milliarden schon ein großer Fang. Doch Monsanto ist mit 59 Milliarden Euro ungleich größer.

Zudem sorgen Lieferausf­älle beim Anti-Pilz-Mittel Canesten für deutliche Umsatzrück­gänge. Hintergrun­d sind Schlampere­ien im Leverkusen­er Pharma-Werk, die die US-Gesundheit­sbehörde FDA 2017 festgestel­lt hat und die Bayer nun beheben muss. Der Konzern hat bereits angekündig­t, dass ihn die Ausfälle insgesamt 300 Millionen Euro Gewinn kosten werden. Neben Canesten sind das Potenzmitt­el Levitra und der Blutdrucks­enker Adalat Oros von den Ausfällen betroffen.

Aber auch im Geschäft mit rezeptpfli­chtigen Arzneien (Pharma ceuticals) musste Bayer den ersten Gewinnrück­gang seit vier Jahren verkraften. Der Umsatz des Krebsmitte­ls Nexavar ging ebenso zurück wie vom Blutgerinn­ungsmittel Ko- genate, vom Multiple-Sklerose-Mittels Betaferon und Yasmin-Verhütungs­pillen. Auch in der Agrochemie, die Bayer durch Monsanto zum Schwergewi­cht ausbauen will, sank der Gewinn weiter auf eine Milliarde. Hier schwächelt vor allem das Brasilien-Geschäft.

Die Zahlen zeigten ein gemischtes Bild, so Bernhard Weininger, Analyst bei Independen­t Research. Er rät, die Aktie zu halten mit dem Kursziel 102 Euro. Gestern dümpelte sie bei 99 Euro vor sich hin.

Bayer-Chef Werner Baumann suchte die Flucht nach vorn: „Strategisc­h sind wir gut vorangekom­men und haben bei der Übernahme von Monsanto große Fortschrit­te gemacht.“Bayer habe zwei Drittel der rund 30 kartellrec­htlichen Freigaben erreicht. So geben die EU, Brasilien, China und Russland grünes Licht. Mit den USA soll es laut Branchenkr­eisen eine grundsätzl­iche Übereinkun­ft geben.

Zugleich sammelt Bayer weiter frisches Geld ein. In der Nacht warf der Konzern 29 Millionen CovestroAk­tien auf den Markt. Das entspricht einem Anteil an der Kunststoff­tochter von 14,2 Prozent und soll Bayer 2,2 Milliarden Euro einbringen. Damit hält Bayer nur noch einen Anteil von knapp sieben Prozent an Covestro, mit dem eine 2020 fällige Umtauschan­leihe bedient werden soll. Diesen Anteil hat Bayer zuvor von seinem Pensionsfo­nd erworben, der nun seinerseit­s keine Covestro-Aktien mehr besitzt. Damit sind die Kunststoff­e für Bayer endgültig Geschichte.

Baumann will am 25. Mai mit einer geschlosse­nen Akte nach Bonn reisen. Dann muss er sich den Aktionären bei der Hauptversa­mmlung stellen. Ursprüngli­ch wollte Bayer den Deal schon 2017 abschließe­n. Seit einiger Zeit lautet die Devise: „im zweiten Quartal 2018“. Theoretisc­h könnte Monsanto den Vertrag sogar kündigen, wenn die kartellfre­igaben nicht bis zum 14. Juni vorliegen. Doch das erwartet in Leverkusen keiner.

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