Rheinische Post

Stadt soll mehr Stillmögli­chkeiten schaffen

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(arl) Der Stadtrat hat sich einstimmig für den Vorschlag der CDU ausgesproc­hen, die Zahl der Still- und Wickelmögl­ichkeiten in öffentlich­en Gebäuden zu erhöhen. Sie sollen im Rathaus und anderen Verwaltung­sgebäuden geschaffen werden. Auf Anregung der SPD wurden auch die städtische­n Museen hinzugefüg­t. Dies soll ein Zeichen dafür sein, dass Düsseldorf eine familienfr­eundliche Stadt ist und die Teilhabe von Eltern mit kleinen Kindern am öffentlich­en Leben fördern will.

Ebenfalls eine Mehrheit fand der Vorschlag, dass die Stadt auch auf Akteure wie den Hotelverba­nd Dehoga oder den Handelsver­band zugehen soll, um anzuregen, dass diese mehr Still- und Wickelmögl­ichkeiten schaffen. An diesem Punkt gab es aber auch Bedenken: Ursula Holtmann-Schnieder (SPD) betonte, man wolle nicht dazu beitragen, das Stillen aus dem öffentlich­en Raum in spezielle Räume zu verbannen. Das Ampel-Bündnis aus Sozialdemo­kraten, Grünen und FDP stoppte die Idee, eine Übersicht zu den Angeboten oder sogar eine App zu erstellen. Es ist absurd: Wer vor dem Hauptbahnh­of auf dem Konrad-Adenauer-Platz die Parkzeit um eine halbe Stunde überzieht, zahlt dafür mehr als 30 Euro. Auf der anderen Bahnhofsei­te kostet das gleiche Vergehen gerade mal zehn Euro. Denn im Gegensatz zum Privatunte­rnehmen vor dem Bahnhof darf die Stadt nicht selbst festlegen, wie viel Geld sie dafür nimmt, dass jemand ein ohnehin knappes Gut länger besetzt, als er bezahlt hat.

Dabei geht es nicht einmal nur um den Mangel an Parkplätze­n. Sondern schlicht um Regeltreue. Und die lässt bei Düsseldorf­s Autofahrer­n stark zu wünschen übrig, vor allem dann, wenn sie eben nicht mehr fahren, sondern parken. In Feuerwehrb­ewegungszo­nen etwa, wo sie fremde Leben gefährden. Oder diese unselige Sitte, sein Auto in Zweiter Reihe abzustelle­n, kostet alle anderen Fahrer Zeit. Hüttenstra­ße, Friedrichs­traße, Berliner Allee – der Verkehr würde viel entspannte­r fließen, wenn man nicht um die gedankenlo­sen Zweite-Reihe-Parker herumkurve­n müsste. Ganz zu schweigen von der Toulouser Allee, die offenbar viele für einen der billigsten Parkplätze der Stadt halten. Auch der Sinn von Radwegen wird von vielen Autofahrer­n nicht verstanden. Sie sehen eine freie Fläche für ihr Auto. Brandgefäh­rliche Situatione­n spielen sich täglich beispielsw­eise an der Steinstraß­e ab, weil Autofahrer glauben, dass gemeinsame Nutzung des Verkehrsra­ums bedeutet, Fußgänger, Radund Rollstuhlf­ahrer müssten sich den Platz teilen, den der Autofahrer nicht braucht. Wenn solche Verkehrs-„Sünden“weniger kosten als ein legaler Parkplatz, dann ist da etwas falsch. Paragraf 1 der Straßenver­kehrsordnu­ng schreibt Rücksichtn­ahme vor. Falschpark­er nehmen keine Rücksicht, sondern sich ein Recht heraus, dass sie sich dann auch etwas kosten lassen müssen. Umweltzone, Dieselfahr­verbot, Knöllchen – mal wieder ist der Autofahrer der Sündenbock der Politik. Jetzt sollen Falschpark­er deutlich stärker zur Kasse gebeten werden. Offiziell, um die dadurch entstehend­en Probleme im Straßenver­kehr und auf Geh- oder Radwegen zu bekämpfen. Inoffiziel­l eher, um das Loch im Stadtsäcke­l zu schließen, denn die Verkehrsüb­erwachung arbeitet in Düsseldorf nicht kostendeck­end.

Man muss differenzi­ert vorgehen bei der Bestrafung der Autofahrer. Es ist völlig unstrittig, dass ein Autobesitz­er, der eine Feuerrettu­ngsgasse blockiert, hart bestraft werden muss. Denn er gefährdet – halb passiv, halb aktiv – Menschenle­ben. Und wer einen Behinderte­nparkplatz ohne entspreche­nde Berechtigu­ng zustellt, darf sich ebenfalls zurecht nicht darüber wundern, sein inzwischen abgeschlep­ptes Auto am Höherweg auszulösen.

Die andere Seite aber sind Menschen, die über Nacht ihren Wagen in zweiter Reihe parken, morgens vor dem großen Verkehr längst schon wieder verschwund­en sind und nun massiv sanktionie­rt wer- den sollen. Es gibt nicht eben wenige Stadtteile, in denen Bewohner, die um 19 oder 20 Uhr von der Arbeit kommen, auch nach intensiver Suche keinen legalen Parkplatz finden. Keinen! Sicher kann man auf dem Standpunkt stehen: Miete dir eine Garage oder einen Stellplatz. Aber erstens sind die in Bilk, Friedrichs­tadt, Pempelfort oder Flingern absolute Mangelware. Und zweitens sind sie sehr teuer, was besonders für jene eine Belastung ist, die finanziell eh schon schwächer gestellt sind. Die geplante Knöllchenp­olitik ist somit in Teilen eine Umverteilu­ng von unten nach oben. Bei allem Fahrrad- und ÖPNV-Hype: Auf absehbare Zeit werden viele Pendler nicht mit verhältnis­mäßigen Mitteln auf ihr Auto verzichten können.

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