Brücken bauen in Oberbilk
Beim kulinarisch-interreligiösen Rundgang durch Oberbilk lernen sich die Gemeinden kennen.
OBERBILK. „Stellen Sie sich bewusst an einen Stehtisch, an dem Sie niemanden kennen“, sagt Dirk Sauerborn bei der Begrüßung in der Christuskirche. Denn beim kulinarisch-interreligiösen Rundgang geht es darum, sich miteinander zu unterhalten „und den Stadtteil in seiner ganzen Vielfalt kennenzulernen“.
Etwa 80 Leute sind zu dem Rundgang gekommen, der in der Christuskirche der Emmaus-Gemeinde mit einer Vorspeise beginnt. Im hinteren Teil der Kirche sind Tische aufgebaut, an denen Getränke bereitstehen. Mit so einem großen Interesse hätte Organisatorin Natalie Broich von der Emmaus-Gemeinde nicht gerechnet. „Als wir angefangen haben, die Idee zu entwickeln, hatten wir an 40 Leute gedacht.“Doch die Menschen waren von der Idee begeistert: 150 Anmeldungen konnten nicht mehr entgegengenommen werden. Wer dieses Mal nicht drankam, soll aber zu den Ersten auf der Gästeliste gehören, wenn es noch einmal so einen Rundgang gibt, verspricht Broich.
Aus allen Gemeinden sind Gäste gekommen, ältere und jüngere. Viele sind in kleinen Gruppen unterwegs, aber auch wer allein ist, findet direkt den Einstieg in eines der vielen Gespräche. „Um Gott und die Welt“soll es laut Dirk Sauerborn gehen. Der Polizist hat schon öfter Rundgänge durch Oberbilk gemacht, auch mit Jugendlichen. So sollen Berührungsängste abgebaut werden. „Was man kennt, das schätzt man“, sagt Sauerborn, der als Kontaktbeamter für die muslimischen Institutionen den Kontakt zur muslimischen Gemeinde hergestellt hat. Und man könne so Schwellen überschreiten.
„Ich war noch nie in der Kirche hier drin“, sagt Havva Özcan zu der Frau, die neben ihr steht. Kathrin Schröder kennt sich in der Gemeinde aus – sofort kommen sie ins Gespräch. „Es ist interessant, an einem Abend so viele Sachen zu sehen“, sagt Özcan. „Sonst hat man oft nicht die Chance, mal reinzugucken“, ergänzt Schröder. „Außerdem gefällt mir der kulinarische Teil.“
Die Idee, bei dem Rundgang durch die Gotteshäuser auch Essen anzubieten, entstand bei einer Zukunftswerkstatt der Emmaus-Gemeinde, Natalie Broich ergriff die Initiative. „Es ist wichtig, dass wir im Stadtteil vernetzt sind. Eben auch interreligiös.“
Dieser Meinung ist auch Süleyman Saain von der muslimischen Gemeinde: „Wenn sich der Kontakt ergibt, wird daraus Freundschaft, das ist unsere Hoffnung“. In der Moschee gibt es am Ende einen Nachtisch, vorher ist noch die katholische St. Josefkirche dran. Auch hier erkunden die Leute interessiert den Kirchenraum, mit einer Tasse Suppe in der Hand. Aber das Essen kommt auch „auf Rädern“: Weil die Synagoge weiter weg liegt, hat Wilfried Johnen von der jüdischen Gemeinde in einem kleinen roten Trolley Matzen mitgebracht. Nach dem Besuch in der russisch-orthodoxen Kirche wird es verteilt. Für Johnen geht es bei der Veranstaltung vor allem darum, andere Menschen zu treffen und sich über Religion zu unterhalten. Er ist froh über das große Interesse an dem Rundgang: „Ich treffe muslimische Freunde in einer katholischen Kirche – das ist überwältigend.“