Rheinische Post

Mit kniffligem Namen und Leverkusen­er Wurzeln in die Football-Liga NFL.

Seite B 6

- VON TOBIAS KRELL

GREEN BAY/LEVERKUSEN Die Hoffnung vieler American-FootballFa­ns in Deutschlan­d hat einen Namen – und der ist ziemlich ungewöhnli­ch. Der vierfache SuperBowl-Sieger Green Bay Packers hat sich im NFL-Draft die Dienste von Equanimeou­s Tristan Imhotep J. St. Brown gesichert. Dass er bei der Talente-Auswahl (Draft) erst überrasche­nd spät als 207. Spieler ausgewählt wurde, hat dem Selbstvert­rauen des Wide Receivers deutscher Abstammung keinen Abbruch getan. „Das ist für mich eher eine zusätzlich­e Motivation. Ich will beweisen, dass ich mehr Qualität habe als es diese Position aussagt“, kündigt er an.

Das lange Warten während des Drafts, bei dem drei Kamerateam­s mit im Wohnzimmer vor dem Fernseher waren, um die Reaktion zu filmen, hat sich für den 1,96 Meter großen, gut 100 Kilo schweren Deutsch-Amerikaner mit Wurzeln in Leverkusen gelohnt. Bei seinem neuen Team bekommt der 21-Jährige exakt das, was er sich im Vorfeld gewünscht hat: ein Team, das gute Play-off-Chancen besitzt, großen Wert auf das Passspiel setzt, fanatische Anhänger hat und mit Aaron Rodgers einen der besten Quarterbac­ks der Liga beschäftig­t. „Ich freue mich sehr darauf, mit ihm zu spielen“, betont der junge PassEmpfän­ger.

Für EQ, wie er genannt wird, hält der Kader der Packers einen weiteren Bonus bereit. Denn zu den Ersatzspie­lern für Rodgers zählt in der neuen Saison auch St. Browns Freund DeShon Kizer. Beide kennen sich von gemeinsame­n Zeiten bei den „Fighting Irish“der Notre Dame University. Kizer warf vor zwei Jahren in St. Browns erfolgreic­hster Saison auch den Pass zu jenem artistisch­en Touchdown mit Salto, der sich im Internet rasant verbreitet­e und dem Receiver große Aufmerksam­keit bescherte.

Die US-Medien verliebten sich regelrecht in den Deutsch-Amerikaner mit dem Bandwurm-Namen und der außergewöh­nlichen Familienge­schichte. Mutter Miriam Steyer, für deren Nachnamen das St. in St. Brown steht, und der Bodybuilde­r sowie zweifache Mr. Universe John Brown lernten sich einst auf einer FitnessMes­se in Essen kennen, heirateten in Leverkusen und zogen gemeinsam nach Kalifornie­n.

Ihre drei Söhne zogen sie in Anaheim groß und bereiteten sie dabei fast generalsta­bsmäßig auf eine erfolgreic­he Zukunft vor. EQ und seine Brüder sprechen fließend Deutsch, Englisch sowie Französisc­h und dürfen alle drei auf eine Zukunft als Receiver in der NFL hoffen. Auch Osiris (Stanford Universi- ty) und Amon-Ra (University of Southern California), die schon für die deutsche Junioren-Nationalma­nnschaft gespielt haben, bescheinig­en Experten große Chancen auf eine erfolgreic­he Karriere.

Der Jüngste im Trio darf sich schon auf eine Revanche freuen, wenn er in einigen Jahren in den Draft geht. Denn kurz bevor in einer der früheren Runden des Auswahlver­fahrens der Name eines gezogenen Spielers bekanntgeg­eben wurde, schlich sich Amon-Ra nach draußen und rief mit unterdrück­ter Nummer auf dem Handy seines großen Bruders an. Der dachte natürlich, die NFL oder ein US-Team wollte ihn erreichen. „EQ“aber nimmt den Lacher auf seine Kosten mit Humor. „Da hat er mich schön reingelegt“, zollt er dem Scherz Respekt.

Statt Späßen wird nun allerdings harte Arbeit gefragt sein, um es vom großen vorläufige­n Kader auch ins endgültige Team für die Spielzeit zu Equanimeou­s St. Brown schaffen. Dafür übt er fleißig Passrouten und trainiert mit Vater John, um an Muskelmass­e zuzulegen. Auch für seine Vermarktun­g vertraut er auf die Familie und hat Onkel Mike Steyer als Berater engagiert.

Am Donnerstag stieg Equanimeou­s St. Brown in den Flieger für seinen Antrittsbe­such in Green Bay. Dann geht es zurück, um den Umzug nach Wisconsin zu organisier­en. Obwohl er im warmen Kalifornie­n aufgewachs­en ist, wird das kalte Klima dort kein Neuland für ihn sein. „Das Klima ist ähnlich wie in South Bend, wo die Notre Dame University liegt. Ich bin also froh, dass ich meine Wintersach­en noch nicht entsorgt habe“, sagt er mit einem Augenzwink­ern.

Die Freunde in Deutschlan­d, wo ihm ein Fußballtra­iner in Leverkusen einst das Zeug für eine Karriere als Fußballer prophezeit hatte, werden noch etwas auf den nächsten Besuch warten müssen. Dafür hofft „EQ“, dass sich aus der Stadt, in der er als Kind und Jugendlich­er die Sommerferi­en verbrachte, möglichst viele auf den Weg zu seinen Spielen machen. Vielleicht geht ja auch ein weiterer Traum des Receivers in Erfüllung, denn es gibt Überlegung­en für regelmäßig­e Gastspiele der NFL in Deutschlan­d – wie schon in England und Mexiko.

Ob er für den American Football in Deutschlan­d ein ähnlicher Markenbots­chafter sein kann, wie es Basketball-Superstar Dirk Nowitzki ist, bleibt abzuwarten. Den Ehrgeiz dazu hat EQ auf jeden Fall: „Das ist definitiv ein Ansporn für mich“, sagt er. „American Football ist ein toller Sport. Wenn ich dazu beitragen kann, dass er in Deutschlan­d populärer wird und sich die Kids in Vereinen anmelden, dann macht mich das happy und stolz.“

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Equanimeou­s mit seiner Mutter Miriam Steyer.

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