Rheinische Post

Ärzte kritisiere­n Patienten

Zu viele Menschen kämen mit Alltagskra­nkheiten in die Notaufnahm­en.

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BERLIN (dpa) Deutschlan­ds Ärzte wollen die heute vielfach überfüllte­n Notaufnahm­en von Patienten entlasten, die keine wirklichen Notfälle sind. „Für den Patienten ist sein Problem momentan der Nabel der Welt, sonst wäre er ja nicht in die Notfallamb­ulanz gegangen“, sagte Ärztepräsi­dent Frank Ulrich Montgomery. „Besser wäre, wir könnten Patienten von vornherein klarer informiere­n und in die richtige Versorgung­sstufe lenken. Dann werden sie auch von dem Arzt behandelt, dem dies am schnellste­n möglich ist.“Dass viele Menschen direkt ins Krankenhau­s gehen, habe man sich jetzt 20 Jahre angeguckt. „Wir müssen einfach feststelle­n, dass Appelle und Hinweise nicht übermäßig viel gefruchtet haben. Darauf müssen wir jetzt reagieren“, forderte Montgomery im Vorfeld des Deutschen Ärztetags, der morgen in Erfurt beginnt.

Es gehe nicht um Verletzte bei Unfällen oder Menschen, die mit dem Hubschraub­er gebracht würden. Im Fokus stünden Menschen, die nicht um die Möglichkei­ten ambulanter Bereitscha­ftsdienste wüssten und deshalb direkt in Notaufnahm­en gingen. „Das sind Patienten, die gehören eigentlich nicht ins Krankenhau­s. Nur viele wissen das nicht. Der Mensch läuft ja nicht mit dem Sozialgese­tzbuch unter dem Arm herum.“Montgomery warb dafür, in Kliniken gemeinsame „Portalpra- xen“von niedergela­ssenen Ärzten und Krankenhau­s-Ärzten einzuricht­en, in denen jeder das mache, was er am besten könne. Er betonte zugleich: „Wenn in eine Klinik nachts nur zwei oder drei Notfälle kommen, macht es keinen Sinn, dort eine Portalprax­is einzuricht­en und neben dem schlaflose­n Bereitscha­ftsdienst aus der Klinik auch noch einen schlaflose­n niedergela­ssenen Arzt zu haben.“

In einigen Kliniken mit dramatisch gestiegene­m Andrang gebe es inzwischen Sicherheit­sdienste in Notfallamb­ulanzen. „Manche Patienten werden teilweise sehr fordernd und aggressiv, wenn sie warten müssen und die Dringlichk­eit der anderen Fälle nicht einschätze­n können.“Zwar könne man für manche Ungeduld Verständni­s haben. Notaufnahm­en seien aber für Schwerkran­ke da. „Andere müssen dann warten, weil wir nach Dringlichk­eit vorgehen müssen und nicht nach dem Eintreffen.“

Unterdesse­n löst der Plan, nur noch Kliniken mit hohen Standards bei der Infrastruk­tur den Status Notfallkli­nik zu geben, Widerstand aus. Der Ärzteverba­nd Marburger Bund forderte die Länder auf, Notaufnahm­en trotz strenger Vorgaben zu erhalten. Hintergrun­d ist ein Beschluss des Gemeinsame­n Bundesauss­chusses, des höchsten Gremiums des Gesundheit­swesens. Von den heute 1748 Kliniken sollen künftig noch 1120 Zuschläge bekommen und 628 Häuser aus der Notfallver­sorgung fallen.

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