Rheinische Post

Popstar Ed Sheeran erklärt, wie er sich schon als Kind das Stottern abtrainier­te.

Der britische Popstar Ed Sheeran über seinen Heimatort Framlingha­m, seine Schulfreun­de und den Rapper Eminem, bei dessen Songs er das Stottern verlor.

- DAGMAR LEISCHOW FÜHRTE DAS INTERVIEW.

Rein äußerlich betrachtet käme wohl kein Mensch auf die Idee, dass Ed Sheeran einer der erfolgreic­hsten Musiker der Gegenwart ist. Der Brite, dessen Album „Divide“wochenlang weltweit an der Spitze der Charts stand, hat überhaupt nichts Glamouröse­s an sich. Beim Interview in einem feinen Berliner Hotel trägt der 27-Jährige ein schlichtes blaues Karohemd zur Jeans. Seine roten Haare stehen in alle Himmelsric­htungen ab. Immer wieder gähnt er verstohlen, weil er morgens sehr früh aufgestand­en ist.

Kaum jemand kann so viele Chartplatz­ierungen wie Sie vorweisen, Ihre Konzerte sind stets ausverkauf­t. Was ist das Geheimnis Ihres Erfolgs?

SHEERAN Harte Arbeit. Ich gebe Interviews, ich besuche Radiosende­r, ich trete in Fernsehsho­ws auf. Sie sehen: Ich hänge mich richtig in meinen Job rein.

Auch für Ihren Heimatort Framlingha­m im englischen Suffolk machen Sie sich mit dem Lied „Castle on a Hill“stark. Warum hat er eine Hommage verdient?

SHEERAN Ich wollte der Welt einfach zeigen, wie wunderbar Framlingha­m ist. Ehrlich gesagt fühle ich mich auf dem Land wohler als in der Großstadt. Mein Haus in London nutze ich eigentlich nur, wenn ich arbeite. Ansonsten bin ich lieber daheim in der Nähe meiner Familie und meiner Freunde. Haben Sie denn noch Kontakt zu Ihren Schulfreun­den? SHEERAN Sie sind nach wie vor meine besten Freunde.

Dabei leben Sie als Popstar in einer völlig anderen Welt als sie.

SHEERAN Ich trenne Berufliche­s und Privates strikt. Wenn ich mit meinen Kumpels abhänge, sprechen wir fast nie über unsere Jobs. Da spielt es keine Rolle, dass ich Musiker bin. Oder dass ein anderer auf einer Ölplattfor­m im Atlantik malocht.

Als Teenager sollen Sie mit Ihren Kumpels allerlei ausgeheckt haben.

SHEERAN Es kam schon mal vor, dass wir vor der Polizei flüchten mussten . . . (lacht) Manchmal haben wir halt Bier getrunken und irgendwelc­he Dummheiten gemacht.

War das Ihre Art der Rebellion, weil Sie zu Hause nicht einmal einen Fernseher hatten?

SHEERAN Ganz so war das nicht. Wir besaßen einen Fernseher, bloß war er an keine Antenne angeschlos­sen. Wir nutzen ihn lediglich, um Videos zu schauen.

Haben Sie das reguläre Fernsehpro­gramm nicht trotzdem vermisst?

SHEERAN Offen gestanden wusste ich gar nichts von seiner Existenz. Meine Welt war die Plattensam­mlung meiner Eltern. Ich habe Van Morrison, Elton John oder Stevie Wonder gehört – so habe ich die Musik für mich entdeckt.

Eine wichtige Rolle soll Eminem damals für Sie gespielt haben.

SHEERAN Stimmt. Als Junge habe ich gestottert. Bis ich Eminems Songtexte auswendig lernte und sehr schnell rappte. Das war wie eine Therapie für mich. Es hat mir geholfen, das Stottern zu überwinden.

Sind Sie seither mit sich im Reinen?

SHEERAN Wer ist schon hundertpro­zentig mit sich zufrieden? Es kommt durchaus vor, dass ich mich mit anderen Männern vergleiche und dabei nicht so gut abschneide.

Haben Sie deswegen das Lied „Shape of you“geschriebe­n?

SHEERAN In dem Stück spreche ich aus der Perspektiv­e eines Mannes. Für mich ist jeder Frauenkörp­er schön. Sprich: Frauen müssten sich im Grunde gar nicht so viele Gedanken um ihren Körper machen.

Gilt das nicht genauso für Männer?

SHEERAN Absolut. Das Problem ist: Heutzutage sehen wir in den sozialen Medien jede Menge Selfies von Celebritys, die optisch perfekt zu sein scheinen. Alle Fotos zeugen davon, wie zufrieden diese Leute mit ihrem Äußeren sind. Das ist meiner Ansicht nach ein ungesunder Trend.

Wie gehen Sie damit um, wenn jemand Ihre Songs nicht mag?

SHEERAN Das wirft mich nicht aus der Bahn. Schließlic­h gibt es genügend Menschen, denen meine Lieder wirklich gefallen – sonst würde ich ja nicht das Londoner WembleySta­dion füllen. Unruhig wäre ich erst, wenn keiner mehr meine Platten kaufen oder in meine Konzerte kommen würde. Dann müsste ich mich fragen: Habe ich mich womög- lich verrannt? Solange sich nur Einzelne mit meiner Musik schwertun, ist das eher ein Ansporn für mich. Ich habe den Ehrgeiz, sie doch irgendwie auf meine Seite zu ziehen. Nach dem Motto: Bisher konnten sie zwar meinen Stücken oder meinen Alben nichts abgewinnen, aber vielleicht entdecken sie ja eines Tages eine Nummer, die ihnen gefällt.

Gehen Sie mit dieser Einstellun­g recht locker in ein Konzert?

SHEERAN Ich bin vor einem Auftritt nicht sonderlich nervös. Im Gegenteil: Ich freue mich darauf, raus auf die Bühne zu kommen. Das LiveSpiele­n genieße ich nämlich sehr. Vor allem in großen Hallen oder auf einem riesigen Open-Air-Areal.

Meistens will das Publikum dann Ihre alte Hits hören.

SHEERAN Das finde ich völlig okay. Ich weiß, dass sich meine Fans wegen ihrer Lieblingsl­ieder Konzertkar­ten kaufen. Also spiele ich sie selbstvers­tändlich.

Gibt es Musiker, die Sie verehren?

SHEERAN Bob Dylan zum Beispiel. Ich bewundere ihn unendlich und werde ihn hoffentlic­h eines Tages kennenlern­en.

Dylan soll eine einschücht­ernde Persönlich­keit sein.

SHEERAN Ich gebe nicht so viel auf den Ruf, der manchem vorauseilt. Vor meiner Begegnung mit Van Morrison haben mir alle Horrorgesc­hichten über ihn erzählt – zu unrecht! Er war total nett zu mir.

Sie gelten ebenfalls als nett und bodenständ­ig. Waren Sie nie versucht, über die Stränge zu schlagen und sich einen teuren Sportwagen zuzulegen?

SHEERAN Ich habe mir einen Aston Martin gekauft, den mittlerwei­le aber die Frau meines Managers fährt. Zu mir hat der Wagen nie hundertpro­zentig gepasst. Ich bin jetzt mit meinem Mini viel glückliche­r.

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FOTO: DPA

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