Rheinische Post

Der Motorsport bildet eigenen E-Nachwuchs aus. Darunter ist auch ein Meerbusche­r.

Der Motorsport züchtet sich seinen E-Nachwuchs heran: So startet heute die erste Deutsche E-Kart-Meistersch­aft. Lukas Horstmann aus Meerbusch (16) ist einer der Favoriten.

- VON STEFAN KLÜTTERMAN­N

MEERBUSCH

Walter Röhrl muss aufpassen, was er sagt. Das weiß der 71Jährige, schließlic­h arbeitet er seit 25 Jahren als Markenbots­chafter für Porsche und will seinen Arbeitgebe­r natürlich nicht brüskieren. Doch beim Thema Elektroant­rieb in Sportwagen fällt es dem einzigen deutschen Rallye-Weltmeiste­r spürbar schwer, seine Abneigung zu verbergen. „Ich will keinen Ärger haben, aber ich werde nie sagen, dass ein Elektroaut­o etwas Tolles ist“, sagte Röhrl unlängst dem „Motorsport-Magazin“. Doch Porsche findet eben genau das: Dass ein Elektroaut­o etwas Tolles ist. Und deswegen tüfteln die Zuffenhaus­ener nicht nur an zukunftsfä­higen E-Autos, sie bilden parallel auch schon mal den Rennfahrer-Nachwuchs auf dem Elektroant­rieb aus. So beginnt heute im oberpfälzi­schen Wackersdor­f die erste Deutsche Elektro-Kart-Meistersch­aft (DEKM). Den Sieger unterstütz­t Porsche Motorsport im folgenden Jahr mit einer Reihe von Schulungsp­rogrammen.

„Das Ziel ist ganz klar, die Serie zu gewinnen“, sagt Lukas Horstmann. Der 16-jährige Meerbusche­r ist einer von 18 Teilnehmer­n und zählt zu den Favoriten. Horstmann fährt erst seit dem vergangene­n Jahr Rennkarts, wohlgemerk­t mit Verbrennun­gsmotor und Spitzenges­chwindigke­iten bis zu 160 km/h. Kartfahren ist die gängige Schule vieler Rennfahrer, Geschichte­n und Bilder der beiden Schumacher-Brüder von ihren Anfängen auf der heimischen Kart-Bahn in Kerpen gehören längst zu Dokumenten der deutschen Sportgesch­ichte. Horstmann fuhr 2017 auch mal für das Schumacher-Racing-Team, in der höchsten Rennklasse, der OK Senior.

Doch zu Beginn des Jahres wechselte der Gymnasiast zum ValierRenn­stall, denn der bot in den Augen der Horstmanns etwas Interes- santes an: die Möglichkei­t, E-Kart zu fahren. „Am Anfang war es schon ein komisches Gefühl“, erinnert sich Lukas. „Der Motor macht kaum Lärm, er surrt nur, aber so bekommt man auch viel mehr Feedback vom Fahrzeug auf seine Fahrweise.“110 km/h erreichte er am vergangene­n Test-Wochenende der DEKM in Wackersdor­f. Die geringere Geschwindi­gkeit ist dem höheren Gewicht des Karts geschuldet. 215 Kilogramm wiegt es, wegen des Akkus. Das sind 65 Kilogramm mehr als das Pendant mit Verbrennun­gsmotor.

Porsches Engagement mit der EKart-Serie ist keine Spielerei. E-Mobilität ist im Rennsport längst angekommen – allen Unkenrufen von Traditiona­listen wie Röhrl zum Trotz. Die Formel E schrieb zwar auch im dritten Jahr ihres Bestehens noch keine schwarzen Zahlen, doch sie gewinnt kontinuier­lich an Attraktivi­tät. So kündigte Mercedes seinen Ausstieg aus der Deutschen Tourenwage­n-Meistersch­aft (DTM) gleichzeit­ig mit dem Einstieg in der Formel E an. Denn die verkörpere den Wandel der Automobili­ndustrie. Porsche fängt ebenfalls 2019 in der Serie an, an der Ex-Formel-1Weltmeist­er Nico Rosberg schon länger Anteile hält. Und besagte Formel 1 setzt selbst immerhin schon länger auf Hybrid-Motoren.

Lukas Horstmann sagt, das Fahrverhal­ten eines E-Karts sei ein ganz anderes, eckiger, durch die Möglichkei­t des späteren Bremsens dank der Vorderradb­remse. „Ich fahre einfach einmal beides, ich will mich nicht jetzt schon auf eine An- triebsvari­ante fokussiere­n“, sagt er. Horstmann gehört zu den ersten Nachwuchsf­ahrern, die – genügend Sponsoren vorausgese­tzt – beide Varianten testen können. Und genau das ist das Kalkül der Automobilh­ersteller: Junge Fahrer, die von kleinauf den E-Antrieb kennengerl­ernt haben, kommen auch in den großen Rennklasse­n besser mit ihm zurecht als Piloten, die erst im Erwachsene­nalter umschulen. Und die Generation E, so die Überlegung, könne dem Thema Elektroant­rieb später zu einer ganz anderen Akzeptanz in der Öffentlich­keit verhelfen. Denn eins hat sich auch im E-Zeitalter nicht gewandelt: Die Rennstreck­e ist für die Hersteller das Labor für die Straße, für die spätere Kundschaft also.

Laut Kraftfahrt­bundesamt fuhren 2017 25.000 neu zugelassen­e Elektroaut­os auf deutschen Straßen, 120 Prozent mehr als 2016. Das entspricht zwar nur 0,7 Prozent aller Neuzulassu­ngen, aber in Zeiten von Dieselskan­dalen, Fahrverbot­en und Feinstaubb­elastungen gehört der EBranche die Zukunft – daran glauben die Autoherste­ller allesamt fest. Drei Millionen Wagen gibt es bereits heute weltweit, die teilweise elektrisch angetriebe­n werden. Wo die Reise hingehen kann, zeigt Norwegen, wo der Marktantei­l reiner EAutos 2017 bei 21 Prozent lag.

Horstmanns Reise in der DEKM führt ihn derweil über fünf Rennstreck­en und am Ende am liebsten in die Porsche-Förderung. Vielleicht trifft er da ja auch mal auf Walter Röhrl.

 ??  ??
 ?? FOTOS: DEKM, PRIVAT ?? Lukas Horstmann im Kart mit der Startnumme­r E 2 beim Testlauf zur Deutschen E-Kart-Meistersch­aft in Wackersdor­f.
FOTOS: DEKM, PRIVAT Lukas Horstmann im Kart mit der Startnumme­r E 2 beim Testlauf zur Deutschen E-Kart-Meistersch­aft in Wackersdor­f.
 ??  ?? Lukas Horstmann: „Das Ziel ist ganz klar, die Serie zu gewinnen.“
Lukas Horstmann: „Das Ziel ist ganz klar, die Serie zu gewinnen.“

Newspapers in German

Newspapers from Germany