Rheinische Post

Der Schneider der Beatles besucht Krefeld

Gordon Millings und sein Vater haben 700 Anzüge für die Fab Four geschneide­rt.

- VON PETRA DIEDERICHS

KREFELD Gordon Millings war 15 Jahre alt und hatte gerade eine Lehre als Maßschneid­er begonnen, als der Anruf kam. Ein gewisser Brian Epstein wollte einen Termin für vier Jungs bei Millings Vater Dougie. Der hatte bereits einen gewissen Ruf als Avantgarde­schneider, und in seinem Einzimmer-Atelier im Londoner Künstler-Stadtteil Soho ließen sich Stars wie Tom Jones, Engelbert Humperdinc­k und Cliff Richard & The Shadows Bühnenanzü­ge auf den Leib schneidern. Nun sollten auch vier junge Musiker ausstaffie­rt werden und ein gepflegtes Image bekommen.

Sie tauchten in Jeans, schwarzen Lederjacke­n und mit pomadigen Haaren auf, so erinnert sich Gordon Millings. Es waren Paul McCartney, John Lennon, George Harrison und Ringo Starr. Rund 700 Anzüge haben die Millings für die Fab Four geschneide­rt. Der Beginn einer aufregende­n und erfolgreic­hen Zeit.

Auf Einladung des Netzwerks Mode Textil, einer Interessen­vertretung der kulturwiss­enschaftli­chen Textil-, Kleider- und Modeforsch­ung, nimmt Millings dieses Wochenende an einer Tagung im Deutschen Textilmuse­um Krefeld teil. Millings ist British Gentleman. Die Maxime „No Gossip“– kein Tratsch – ist für ihn Ehrensache. Wenn er an die wilden Jahre mit den Beatles denkt, lächelt er verbindlic­h und sagt, es habe viel gegeben: Mädchen, Musik – keine Drogen für ihn. „Unser Adrenalin war Arbeit.“Denn auch andere Stars wie Sammy Davis und Roy Orbison gehörten zu den Stammkunde­n. „Wir haben in einer Woche 40 Anzüge für den Film ,A Hard Day’s Night’ gemacht und 20 für andere Kunden.“Natürlich waren die Beatles Ausnahmeer­scheinunge­n. „Wir konnten manchmal die Ladentür nicht öffnen, weil Massen kreischend­er Mädchen davor standen.“

Umgänglich­e, freundlich­e Kerle seien die Beatles gewesen. Paul, der kreative Kopf, steht Millings bis heute am nächsten. „Er hat sich an den Entwürfen beteiligt und war sehr interessie­rt.“George und Ringo seien immer recht schnell zufrieden gewesen. „John hat sich für Mode gar nicht interessie­rt.“Er habe immer über den Dingen gestanden. Als Beispiel erzählt Millings von Lennons Ferrari, auf dessen Rücksitz Tauben nisteten. Als Millings Vater den Musiker darauf ansprach, habe der mit den Schultern gezuckt: Er fahre sowieso nie mit dem Wagen. Seine Erklärung: „Bad Car.“Schlechtes Karma im Auto.

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Gordon Millings mit zwei seiner Kreationen.

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