Rheinische Post

12,63 Euro Mindestloh­n gegen Armut

Der aktuelle Betrag reicht nicht für ein Leben im Alter über der Grundsiche­rung.

- VON JAN DREBES UND BIRGIT MARSCHALL

BERLIN Berechnung­en der Bundesregi­erung zufolge wäre ein deutlich höherer Mindestloh­n nötig, damit Betroffene im Alter eine Rente oberhalb der Grundsiche­rung bekommen. Das geht aus der Antwort des Bundesarbe­itsministe­riums auf eine schriftlic­he Anfrage der Linksfrakt­ion hervor. Demnach müsste der Mindestloh­n 12,63 Euro betragen – derzeit liegt er lediglich bei 8,84 Euro.

Die stellvertr­etende Fraktionsc­hefin der Linken, Susanne Ferschl, hatte gefragt, wie viele Rentenpunk­te notwendig seien, um eine Nettorente oberhalb der Grundsiche­rung zu bekommen, wenn man nicht in einer Einrichtun­g lebt. Zudem woll- te sie wissen, wie hoch der Bruttostun­denlohn sein müsse, um nach 45 Beitragsja­hren in Vollzeitar­beit diese Rentenpunk­te zu erreichen.

Dem Ministeriu­m zufolge liegt der durchschni­ttliche Bruttobeda­rf von Empfängern der Grundsiche­rung im Alter derzeit bei 814 Euro. Jedenfalls dann, wenn sie nicht in Alterseinr­ichtungen leben. Um eine Nettorente oberhalb dieses Grundsiche­rungsnivea­us zu erhalten, werden nach Angaben des Ministeriu­ms 29,5 Rentenpunk­te benötigt.

„Um dies bei einer wöchentlic­hen Arbeitszei­t von 38,5 Stunden über 45 Jahre versicheru­ngspflicht­iger Beschäftig­ung hinweg zu erreichen, wäre aktuell rechnerisc­h ein Stundenloh­n von 12,63 Euro erforderli­ch“, heißt es in der Antwort des Bundesarbe­itsministe­riums. Diese Betrachtun­g vernachläs­sige allerdings die zusätzlich­e Altersvors­orge, mit der eine deutlich höhere Gesamtvers­orgung erzielt werden könne, so das Ressort weiter.

Linken-Arbeitsexp­ertin Susanne Ferschl fühlt sich bestätigt. „Der gesetzlich­e Mindestloh­n ist ein Armutslohn und macht Menschen zu Sozialfäll­en.“Die momentan geltenden 8,84 Euro würden Erwerbsund Altersarmu­t bedeuten. „Wir haben es heute schwarz auf weiß, dass die Höhe des Mindestloh­ns schon bei Einführung zu niedrig war“, sagt Susanne Ferschl. Dieser Konstrukti­onsfehler sei politisch gewollt gewesen. „Vollbeschä­ftigung geht auch existenzsi­chernd“, sagt Ferschl und forderte eine unverzügli­che Anhebung des Mindestloh­ns auf zwölf Euro.

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