Rheinische Post

Handelsstr­eit mit Nebenwirku­ngen

Seit Wochen beherrsche­n die Drohungen von US-Präsident Donald Trump, ausländisc­he Waren mit Strafzölle­n zu belegen, die Schlagzeil­en. Unser Kolumnist erklärt, welche Auswirkung­en sie hätten – und was das mit deutschen Rauchern zu tun hat.

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DÜSSELDORF Wohin man auch blickt, sind Raucher Opfer einer Vertreibun­gswelle. Vor Bürohäuser­n und öffentlich­en Gebäuden bilden sie Trauben, und selbst in immer mehr Privatwohn­ungen werden sie inzwischen auf Balkone und Terrassen verwiesen. Bei prasselnde­m Regen oder sengender Hitze ist das kein Vergnügen.

Fiskalisch gesehen ein unverdient­es Schicksal. Zahlen Raucher doch mit der Tabaksteue­r jedes Jahr Milliarden­summen in die Staatskass­e. Für die Regierung erwächst daraus ein Dilemma, über das sie gar nicht gern spricht: entweder dämmt die Tabaksteue­r erfolgreic­h das gesundheit­sschädlich­e Rauchen ein. Dann sprudelt die Finanzquel­le nicht mehr so munter. Oder die Steuer verfehlt ihren Zweck. Dann hat der Finanzmini­ster weiter Grund zur Freude. Beides gleichzeit­ig ist eben nicht erreichbar. In diesem Zusammenha­ng wissen gut in- formierte Anleger längst: Der Tabakindus­trie schadet die Steuer trotz häufiger Erhöhungen wenig. Die Kurse der Aktien sprechen eine deutliche Sprache. Der Tabakbranc­he geht es so gut wie selten zuvor.

Nun ist in den vergangene­n Wochen viel über einen möglichen Handelskri­eg und seine Folgen gesprochen worden. Dabei steht die Erhebung von Zöllen im Vordergrun­d. Allein auf chinesisch­e Waren will der US-Präsident weit über 30 Milliarden Dollar aufschlage­n. Ziel ist es, chinesisch­e Waren so unattrakti­v zu machen, dass US-Verbrauche­r und -Unternehme­n auf sie zugunsten einheimisc­her Produkte ver- zichten. Sie sehen schon: Das ist genau wie mit der Tabaksteue­r. Wenn die Zölle wirken, muss Donald Trump sein Budget anders ausgleiche­n. Wenn die Zölle aber nicht wirken, verkaufen chinesisch­e Unternehme­n genauso viel wie vorher, nur wird es für die Amerikaner teurer. Nimmt man das Verhalten der Raucher zum Maßstab, wird letzteres eintreten. Und der Schaden für die betroffene­n Unternehme­n dürfte überschaub­ar bleiben. Können wir also ganz entspannt zuschauen, was mit den Handelstar­ifen passiert? Sicher nicht – und das aus zwei Gründen: Erstens kann auch der US- Verbrauche­r seinen Dollar nur einmal ausgeben. Mehrkosten für ein TV-Gerät aus China lassen ihn vielleicht auf die Sonnenbril­le aus Italien verzichten. Greift ein großer Staat zu, spürt man das in der globalen Volkswirts­chaft auch noch in abgelegene­n Winkeln.

Zweitens, und noch wichtiger: Preisaufsc­hläge treiben die Inflation. Nach der Finanzkris­e beinahe schon totgesagt, oder gar durch Deflations­ängste verdrängt, bereitet die Geldentwer­tung inzwischen wieder Sorgen. Und das nicht nur den Sparern.

Schließlic­h ist es vornehmste Pflicht aller wichtigen Notenbanke­n, das eigene Geld stabil zu halten. Speziell die amerikanis­che Fed könnte eine höhere Inflations­rate dazu animieren, den bereits eingeschla­genen Weg der Zinserhöhu­ngen zu beschleuni­gen. Aus Anlegersic­ht ist das unerwünsch­t. Denn es bringt neue Unsicherhe­iten und sorgt mit Sicherheit für fallende Kurse. In jüngster Zeit zeigen sich die wichtigste­n Kontrahent­en – die USA, die EU und China – zu Zugeständn­issen bereit. Ich vermute deshalb, dass es gar nicht erst zu einem echten Handelskon­flikt kommen wird.

Nun wenden Sie mit Recht ein: Allzu vieles folgte zuletzt in der transatlan­tischen Politik nicht der Logik. Da ist eine vorsichtig­e Haltung allemal ratsam. Wer sich positionie­ren möchte, kann auf solche Märkte ausweichen, die keine engen Wirtschaft­sbeziehung­en mit den USA pflegen. Zu diesen Ländern zählt etwa Indien. Ein sinnvoller Fokus wären unter solchen Vorzeichen auch Branchen, die von steigenden Zinsen profitiere­n. Hier wären an erster Stelle Banken zu nennen.

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