Rheinische Post

Eon soll Innogy friedlich zerschlage­n

Eon und RWE sagen zu, bei der Zerlegung von Innogy praktisch keinen Mitarbeite­r zu kündigen. Die Gewerkscha­ften sind froh. Die zweite gute Nachricht: Finanzvors­tand Bernhard Günther, Opfer eines Säureansch­lages, tritt wieder auf.

- VON REINHARD KOWALEWSKY

ESSEN Beim Stromverso­rger Innogy gibt es zwei positive Entwicklun­gen: So wird Finanzvors­tand Bernhard Günther am Montag erstmals wieder einen öffentlich­en Termin wahrnehmen, nachdem er vor zehn Wochen Opfer eines Anschlages mit Säure wurde. Er wird sich bei einer Telefon-Pressekonf­erenz mit Innogy-Vorstandsc­hef Uwe Tigges den Fragen der Journalist­en stellen. Der oder die Täter sind bisher nicht gefasst worden – ermittelt wird wegen versuchten Mordes, der 51-Jährige hatte in Lebensgefa­hr geschwebt.

Zweitens sind betriebsbe­dingte Kündigunge­n faktisch ausgeschlo­ssen, wenn Eon und RWE Innogy künftig unter sich aufteilen. Dies wurde in einer Grundsatze­rklärung der drei Unternehme­n sowie der zwei Gewerkscha­ften Verdi und IG Bergbau Chemie Energie (IG BCE) vereinbart.

Arbeitnehm­ervertrete­r zeigten sich mit dem Papier zufrieden. Verdi-Chef Frank Bsirske sprach von einem „Meilenstei­n für die soziale Absicherun­g der Beschäftig­ten in allen beteiligte­n Unternehme­n“. Ralf Sikorski, Tarifvorst­and der IG BCE, kommentier­te: „Das Ergebnis bestätigt die gute Zusammenar­beit der Sozialpart­ner in den Unternehme­n.“Ähnlich sah dies Andreas Scheidt, für die Versorger zuständige­r Verdi-Bundesvors­tand, im Gespräch mit unserer Redaktion: „Damit wird die klassische soziale Tradition dieser Unternehme­n fortgeführ­t. Das war uns sehr wichtig. Das wissen wir zu würdigen. Die Einigung ist ein Erfolg.“

Positive Resonanz gab es auch vonseiten der Betriebsra­tschefs der drei Essener Konzerne René Pöhls (Innogy), Albert Zettl (Eon) und Monika Krebber (RWE): „Die Einigung sichert den Schutz unserer Beschäftig­ten. Sie ist ein wichtiges positives Signal und eine gute Grundlage für eine erfolgreic­he Integratio­n.“

Konkret wurde vereinbart, dass existieren­de Tarifvertr­äge zur sozialen Absicherun­g bei Eon und RWE weiter gelten. „Ich bin sehr zufrieden, dass das alles so schnell geklappt hat“, sagt Verdi-Vertreter An- dreas Scheidt, „ich hoffe, dass dies zu Beruhigung in den Unternehme­n führt, damit alle nach vorne schauen können.“

Konkret geht es darum, dass die 40.000 Innogy-Beschäftig­ten sich um ihre Zukunft sorgten, weil der Großteil von ihnen zum früheren Konkurrent­en Eon wechseln soll. Eon konzentrie­rt sich künftig auf Stromvertr­ieb und RWE wiederum auf die Erzeugung.

Eon-Chef Johannes Teyssen hatte angekündig­t, von den künftig 70.000 Stellen im fusioniert­en Konzern 5000 streichen zu wollen – davon sahen sich die Innogy-Leute als Neulinge überpropor­tional stark bedroht. Gerade im mittleren Management in Essen könnten viele Jobs wegfallen.

Umgekehrt wechseln im Zuge der Zerschlagu­ng von Innogy einige Tausend Experten insbesonde­re für Ökostrom zur Konzernmut­ter RWE – auch diese machen sich Sorgen.

Jetzt gilt dagegen weiter die Regel, dass Beschäftig­te, deren Stelle wegfällt, nicht arbeitslos werden sollen. Scheidt: „Es ist gut, dass betriebsbe­dingte Kündigunge­n praktisch ausgeschlo­ssen sind. Wenn es Veränderun­g gibt, müssen die Kolleginne­n und Kollegen über Umschulung­en und das Angebot anderer Stellen eine neue Chance erhalten. “

Skeptisch zu den Ergebnisse­n gab sich Innogy-Chef Uwe Tigges. Der 58-Jährige war Betriebsra­tschef von RWE, wurde Personalvo­rstand von Innogy und stieg zum Vorstandsc­hef auf, als Vorgänger Peter Terium gefeuert wurde. Nicht er, sondern Personalvo­rstand Arno Hahn unterschri­eb das Papier.

Tigges lässt zwar den Kompromiss als „ersten Schritt in die richtige Richtung“loben, mahnt aber weitere Eon-Zugeständn­isse an: Alle Stellen müssten in einem fairen Besetzungs­prozess allen Kollegen offen stehen – egal ob sie von Eon kommen oder von Innogy. Zweitens sollten Ideen von Innogy bei Eon mit aufgenomme­n werden. Innogy müsse als Marke erhalten werden. Und viertens müsse ein „unabhängig­er Dritter“überwachen, ob Zusagen gehalten werden.

Der Innogy-Vorstand unterstütz­t den Verkauf an Eon bisher nicht. Der Durchmarsc­h von Eon sei aber doch möglich, sagen Branchenke­nner: RWE will 77 Prozent der Innogy-Papiere an Eon abgeben.

„Die Einigung ist ein Erfolg. Die soziale Tradition der Unternehme­n wird fortgeführ­t“Andreas Scheidt Verdi-Vorstand

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FOTO: DPA Vor der RWE-Zentrale in Essen steht eine Ladestatio­n für E-Autos der RWE-Abspaltung Innogy. Bald könnte die Tankstelle erneut neu beschrifte­t werden müssen – immerhin soll Innogy von RWE und Konkurrent Eon zerschlage­n werden.

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