Rheinische Post

ÖKONOMIN Brauchen wir eine Zuckersteu­er?

Großbritan­nien hat sie, und deutsche Ärzte fordern sie: eine Steuer auf klebrige Softdrinks. Gegner halten das für ungerecht und bevormunde­nd.

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Es klingt nach Verggieday und Spaßbremse: Jetzt mischt sich der Staat auch noch in die Ernährung ein. So empfinden es die Gegner einer Zuckersteu­er, die gerade heftig diskutiert wird. Landwirtsc­haftsminis­terin Julia Klöckner lehnt sie ab – sei es aus Widerwille­n gegen Gängelung oder zum Schutz der Zuckerrübe­nbauer.

Dass wir aber ein Problem haben, zeigt jeder Besuch eines öffentlich­en Schwimmbad­es und die Statistik: Ein Viertel der Erwachsene­n gilt laut Robert-Koch-Institut als adipös. Die Zahl der Diabetes-2-Erkrankten legt zu. Die Krankenkas­sen geben zehn Prozent ihrer Gelder für die Versorgung von Diabetes-2-Patienten aus. Ärzte und Verbrauche­rschützer rufen nun nach einer Zuckersteu­er. Die Weltgesund­heitsorgan­isation empfiehlt 20 Prozent Steuern auf Cola und Brause.

Gegner sagen, eine Zuckersteu­er sei ungerecht, weil sie Arme stärker treffe als Reiche. Doch das Argument zieht nicht: Fettleibig­keit ist wie Rauchen vor allem ein Problem sozial schwacher Schichten. Mit einer paternalis­tischen Steuer können „die Armen“womöglich zu etwas mehr Gesundheit­s-Glück gezwungen werden.

Stichhalti­ger ist das Argument, dass es unfair ist, Zuckerkons­um zu besteuern, Hobbys wie Snowboard- und Motorradfa­hren aber nicht, obwohl das Unfallrisi­ko groß ist und die Biker mit den Folgekoste­n ihres Privatverg­nügens die Allgemeinh­eit belasten. Tatsächlic­h sollte ein liberaler Staat seinen Bürgern wenig vorschreib­en. Doch zum Schutz von Kindern und Jugendlich­en darf er eingreifen und ungesunde Produkte schwer erreichbar machen.

Großbritan­nien macht es vor: Der Staat erhebt seit April eine Steuer auf Softdrinks. So sollen die Hersteller gezwungen werden, die Preise zu erhöhen – und Kindern den klebrigen Konsum zu erschweren. Oder noch besser: Die Hersteller denken über zuckerfrei­e Rezepturen nach, um die Steuer zu vermeiden. Folgericht­ig wird die Steuer auch nur auf zugesetzte­n Zucker verlangt und nicht auf zuckerfrei­e Getränke oder Fruchtsäft­e. Mal eine britische ExitEntsch­eidung,dienachahm­enswert ist.

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