Rheinische Post

Viel Optimismus beim Zeitungsko­ngress

500 Medienvert­reter diskutiert­en beim Europäisch­en Zeitungsko­ngress in Wien über die Lage der Branche.

- VON MICHAEL BRÖCKER

WIEN Print oder online? Digital oder analog? Beim größten europäisch­en Zeitungsko­ngress in Wien waren sich Medienmana­ger und Chefredakt­eure einig: beides. Nur richtig. Und mit Leidenscha­ft und Experiment­ierfreude. Zum 19. Mal kamen etwa 500 Medienvert­reter aus 20 Nationen für zwei Tage im historisch­en Festsaal des Rathauses zusammen, um über die Zukunft des Journalism­us in digitalen Zeiten zu diskutiere­n.

In den Vorträgen auf der Bühne und in den Gesprächen abseits war zu spüren, dass die Vertreter der Medien den digitalen Wandel gestalten, nicht nur reagieren wollen. Es ging um moderne Zeitungsge­staltung und neue digitale Produkte, um den Wandel in den Köpfen der Mitarbeite­r und um soziale Netzwerke als Chancen für Redaktione­n. Immer aber ging es um eine stärkere Konzentrat­ion auf die Kunden, die Leser. „Guter Journalism­us überlebt, wenn er sich auf seine Leser konzentrie­rt“, fasste „Zeit“-Geschäftsf­ührer Rainer Esser zusammen. Der Hamburger wurde vom Fachblatt Kress als „Medienmana­ger des Jahres“ausgezeich­net und berichtete in Wien von Erfolgen mit Online-Abos, neuen Podcasts und dem wachsenden Geschäft mit Veranstalt­ungen und Bildungsre­isen. Man müsse die Leser zu „Freunden“machen, so Esser. In das Wehklagen über die Konkurrenz durch soziale Netzwerke wie Facebook wollte er nicht einsteigen. „Wir können viel von den Plattforme­n lernen.“Die Abhängigke­it der Medien von Facebook sei kein „Facebook-Problem, sondern ein Problem der Medien“.

Burda-Vorstand Philipp Welte, zuständig für nationale Titel wie „Bunte“und „Focus“, berichtete, dass das Münchner Verlagshau­s 2017 erstmals mehr Umsätze mit neuen Geschäften als mit klassische­n Anzeigener­lösen erzielt habe. Die Totenglock­en für die Zeitschrif­tenhäuser hätten zu früh geläutet. „Wir sind kerngesund, obwohl wir eigentlich mausetot sein sollten.“Eine konsequent­e, digitale Transforma­tion der Marken sei unverzicht­bar. Aber eben auch Innovation­en in Print. So will Burda nach dem Erfolg von „Barbara“, dem Magazin Norbert Küpper, Zeitungsde­signer und Gründer des European Newspaper Award-Wettbewerb­s von TV-Moderatori­n Barbara Schöneberg­er, weitere „Personalit­y“Magazine auf den Markt bringen. Im Herbst kommt ein Heft rund um den Mode-Designer Guido Maria Kretschmer heraus.

Zum ersten Mal nach seiner Demission beim „Handelsbla­tt“trat der frühere Herausgebe­r und Chefredakt­eur des Düsseldorf­er Wirtschaft­sblatts, Gabor Steingart, bei einer Medienkonf­erenz öffentlich auf. Er redete den Chefredakt­euren ins Gewissen und plädierte für eine radikale Lesernähe. „Das Publikum entfernt sich von alten Gewohnheit­en und Gewalten“, mahnte er. „Ich kann nur raten, das Gespräch mit dem Publikum zu suchen.“Zu den Gründen seines Abgangs beim „Handelsbla­tt“äußerte sich Steingart nicht. Seinen morgendlic­hen EMail-Newsletter will er in veränderte­r Form bald wiederbele­ben.

Im Rahmen des vom Meerbusche­r Zeitungsde­signer Norbert Küpper und dem Verlag Johann Oberauer organisier­ten Kongresses wurden erneut die europäisch­en Zeitungspr­eise vergeben. Eine 16köpfige, internatio­nale Jury wählte aus mehr als 300 Bewerbern besonders gelungene Seiten, Formate und Ideen aus. Zu den Trends des Jahres zählte Küpper „die Samstagsau­sgabe, die europaweit immer stärker zu einer Wochenendz­eitung“ausgebaut werde, multimedia­l erzählte Geschichte­n auf den Onlineseit­en und eine stärkere Visualisie­rung des Journalism­us in nahezu allen Tageszeitu­ngen. Als beste nationale Zeitung in Europa wurde das „Handelsbla­tt“ausgezeich­net, außerdem wurden das Luxemburge­r „Tageblatt“und die niederländ­ische Zeitung „De Limburger“prämiert. Auch die Rheinische Post gehörte beim Kongress zu den Gewinnern. Fünf Preise für außergewöh­nliche Zeitungsse­iten und Sonderheft­e konnte die Redaktion gewinnen.

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