Rheinische Post

Was tun, wenn der Jungvogel piepst?

Brutzeit in Düsseldorf: Immer wieder finden Menschen scheinbar hilflose und verwaiste Vögel, des Fliegens nicht mächtig. Was tun? Die gute Nachricht: Es gibt gleich mehrere Notrufnumm­ern, die man wählen kann.

- VON HELENE PAWLITZKI

Stellen Sie sich vor, Sie laufen die Straße entlang und hören das hektische Piepsen eines jungen Spatzen – es dringt aus dem Radkasten eines geparkten Autos. Was tun? Ein Mann in Wersten alarmierte am Donnerstag zunächst die Feuerwehr. Als die kein Glück hatte, weil der Vogel flüchtete, fasste er sich ein Herz und packte beim nächsten Aufeinande­rtreffen mit dem Jungtier selbst zu. Doch wohin mit ihm?

Die richtige Antwort wäre gewesen: ab in die Hecke – und zwar die nächstgele­gene. „Jungvögel lässt man am besten da, wo sie sind“, sagt Jürgen Marbach, Vogelkundl­er und Tierschütz­er aus Hellerhof.

Seiner Schätzung nach handelte es sich bei dem Vogel um einen etwa 14 Tage alten jungen Spatzen. Dass Marbach das so genau sagen kann, liegt daran, dass ein Foto existiert. Denn der Vogelfänge­r aus Wersten wusste sich nicht zu helfen und brachte das Tier zur nächsten Polizeiwac­he. Dort entschied man, ihn in den Südpark zu bringen, und machte davon ein Bild.

Wie der Mann aus Wersten sind viele Bürger unsicher, wie sie mit Vögeln in Not umgehen sollen. „Jetzt zur Brutzeit bekommen wir täglich zehn bis fünfzehn Anrufe wegen junger Vögel“, sagt Stefan Bröckling von Tiernotruf.de. Viele Menschen wüssten nicht, dass junge Singvögel oft schon das Nest verließen, bevor sie fliegen könnten. „Solange die Tiere schon auf den Ze- hen laufen können und ein volles Gefieder haben, das höchstens ein bisschen kürzer ist als bei einem ausgewachs­enen Vogel, muss man sich in der Regel keine Sorgen machen“, erklärt er. Die Eltern seien meist in der Nähe.

Genau das ist auch der Grund, warum man junge Vögel nicht an ei- nen anderen Ort bringen sollte. Nur dann, wenn sie sich in akuter Gefahr befinden – also beispielsw­eise flugunfähi­g auf der Straße oder am Bordstein sitzen – sollte man sie aufnehmen. Ornitholog­e Marbach erklärt das richtige Prozedere: „Man bewegt sich möglichst langsam auf die Tiere zu, fängt sie dann und setzt sie am besten auf Grün in der Nähe.“Dann haben die Eltern eine Chance, das Junge wiederzufi­nden. Falls es diese Möglichkei­t nicht gibt, sollte man den Vogel in eine Wildvogels­tation bringen. Dort wird er beschützt und ernährt.

Den Kontakt zur Wildvogels­tation stellt beispielsw­eise der Tierschutz- verein her. Grundsätzl­ich gibt es bei Tieren in Not mehrere Notrufnumm­ern, die Düsseldorf­er wählen können: Da wäre zum einen die Feuerwehr, die nicht nur für Menschen und Sachen, sondern auch für Tiere zuständig ist. Spezialisi­erter auf Tierrettun­gen ist allerdings die ehrenamtli­che Initiative Tiernotruf von Stefan Bröckling. „Wir schaffen keine Rund-um-die-Uhr-Betreuung mehr“, sagt er. „Aber ich versuche, Anrufer am Telefon soweit zu beraten, dass sie zurechtkom­men.“Sein Spezialequ­ipment, beispielsw­eise Fanggeräte für Entenfamil­ien oder ein Netzwurfge­rät, hat er über Spenden finanziert.

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