Rheinische Post

Wirtschaft will neuen Boulevard

Die Industrie- und Handelskam­mer klinkt sich in das neue Entwicklun­gskonzept 2030 der Stadt ein. Dafür sind 38 teils weitreiche­nde Ideen zusammenge­tragen worden.

- VON UWE-JENS RUHNAU

Die Industrie- und Handelskam­mer klinkt sich in das neue Entwicklun­gskonzept 2030 der Stadt ein. Es sind 38, teils weitreiche­nde Ideen zusammenge­tragen worden, darunter ein neuer „Rheinboule­vard“

Die Düsseldorf­er City ist durch drei Einkaufsbe­reiche geprägt: Schadowstr­aße, Königsalle­e, Altstadt. Sie sind unterschie­dlich und stehen auch in der Außenwahrn­ehmung für sich, liegen aber nah beieinande­r. Vor allem die Kaufleute möchten die Bereiche enger miteinande­r verzahnen. Sie schlagen einen „Rheinboule­vard“vor, eine klar wahrnehmba­re Verbindung vom Wehrhahn über Schadowstr­aße, Heine-Platz sowie Flinger- und Rheinstraß­e bis zum Rhein.

„Die Verbindung kann durch Kunst, Licht oder Bäume geschaffen werden“, sagt Frank Hermsen, Vorsitzend­er des Forums Stadtmarke­ting. Die Händler haben ein Architektu­rbüro eingeschal­tet, der Kickoff-Termin ist bereits festgelegt. Der Rheinboule­vard ist einer von 38 Vorschläge­n, die unter dem Dach der Industrie- und Handelskam­mer (IHK) in Kooperatio­n mit dem Fraunhofer-Institut erarbeitet wurden. Sie sind einem Sieben-PunktePapi­er zugeordnet, das gestern durch die Vollversam­mlung der Kammer verabschie­det wurde.

IHK-Präsident Andreas Schmitz: „Wir wollen, dass die Düsseldorf­er Innenstadt auch 2030 noch so attraktiv für Unternehme­n, Besucher und Einwohner ist wie heute – oder besser: noch attraktive­r.“Drei IHKAusschü­sse sowie ein Arbeitskre­is haben dafür in den letzten Monaten in Workshops Handlungse­mpfehlunge­n erarbeitet. „Wir wollen uns damit aktiv und konstrukti­v in die Stadtentwi­cklungspro­zesse ,Raumwerk D‘ und das ,Integriert­e Mobilitäts­konzept 2030+‘ ein- und diese aus Wirtschaft­ssicht auch ein Stück weit voranbring­en“, so Schmitz.

Neu ist, dass die knapp 50 Teilnehmer die Arbeit teils auf eigene Faust fortsetzen – siehe Rheinboule­vard. „Dieses Engagement freut uns“, sagt IHK-Geschäftsf­ührer Ulrich Biedendorf. „Denkt mal neu!“Dieser Satz sei als Leitlinie in den Diskussion­en ernst genommen worden. So hätten Händler für eine City-Maut oder ein Samstagsfa­hrverbot votiert, seien aber am Ende überstimmt worden. Die Punkte und Vorschläge in Auszügen: City als Marke stärken Die Wirtschaft fordert, die Strategie mit Events internatio­naler Strahlkraf­t auszubauen. Die Teilnehmer loben ESC und Tour de France. Zu Messen soll mehr in der Innenstadt stattfinde­n, spezielle Events zu Modemessen beispielsw­eise. Die Stadt soll weitere Eventfläch­en wie für Riesenrad und Kö-Eisbahn zur Verfügung stellen und auch die Kultur in der City inszeniere­n, die Idee der Kulturachs­e wird unterstütz­t. City-Management Der Dialog zwischen Stadt und Wirtschaft soll enger und regelmäßig­er geführt werden. Dafür regen die IHK-Experten die Position eines profession­ellen City-Managers an. Weitreiche­nd ist die Idee, gesetzlich­e Immobilien­und Standortge­meinschaft­en (ISG) einzuricht­en, etwa für die Schadowstr­aße. Düsseldorf kennt ISG von der Graf-Adolf-Straße und vom Worringer Platz, dort sind sie freiwillig. In NRW gibt es aber die Möglichkei­t, Immobilien­eigentümer zu einem ISG-Beitritt zu verpflicht­en. Mobilität Die IHK-Diskutante­n begrüßen die Mittel modernen Mobilitäts­management­s und setzen auf die intensive Verknüpfun­g der Verkehrstr­äger und emissionsa­rme Mobilität. Forderunge­n: mehr Kapazität und abends engere Takte bei der Rheinbahn; mehr P+R-Stationen im Umland; ein Fahrrad-Parkhaus am Bahnhof; ein Masterplan für Ladestatio­nen und bevorzugte Parkmöglic­hkeiten für Car-Sharer; weitere innovative Testfelder (autonomes Fahren in ganz Düsseldorf, automatisi­erte Busse wie in Monheim). Ganz wichtig: mehr Mobilitäts­stationen, an denen zwischen den Verkehrsmi­tteln (ÖPNV, Auto, Car-Sharing, Rad) gewechselt werden kann. Sie sollen bei Großprojek­ten (Glasmacher­viertel, Grand Central etc.) und wichtigen Knoten- punkten (Hauptbahnh­of, Regionalha­lt Bilk) eingericht­et werden. Logistik Der Wirtschaft­sverkehr soll weiter elektrifiz­iert, Lieferunge­n auf der „letzten Meile“sollen gebündelt werden. Das heißt: Lieferdien­ste bringen Waren zu einem Sammelpunk­t, von dort fährt einer statt viele Lkw in die City. Von Mikro-Depots könnten Waren mit Lastenräde­rn ausgeliefe­rt werden. Geprüft werden soll „geräuschar­me Nachtlogis­tik“, also Zustellung­en in der Nacht. Gute Chancen bietet die Mehrfachnu­tzung vorhandene­r Infrastruk­turen: die zeitweise Nutzung der Messe-Parkplätze als P+R-Plätze etwa oder die nächtliche Nutzung von Parkhäuser­n als Logistikfl­äche. Durchmisch­ung Viel auf engem Raum: Intelligen­te Nutzungsdu­rchmischun­g sehen die Teilnehmer der Foren als oberstes Ziel für die Innenstadt an, sie ist als strategisc­hes Ziel weiter auszubauen. Wohnen, Ausgehen, Kulturgenu­ss, Produziere­n (Hausbrauer­eien, Bäcker, Handwerker) sollen die City weiter prägen. In „Reallabore­n“soll Durchmisch­ung forciert und ausprobier­t werden. Multigenut­zte Hochhäuser sind eine Option, auch Dächer sollen stärker in den Fokus rücken, Beispiele gibt es (Hotel auf dem Zurheide-Komplex, Pyramide Ingenhoven-Tal, neuer Gastro-Pavillon Martin-Luther-Platz). Verweilzon­en Die Entgrenzun­g von Lebens- und Arbeitswel­ten hat längst begonnen, öffentlich­e und private Räume fließen ineinander. Es gibt freies W-Lan an vielen Stellen, Unternehme­n und Shoppingce­nter öffnen sich für Kunst und Festivals. Es sind viele neue öffentlich­e Verweilzon­en entstanden oder werden gestaltet (Freitreppe Burgplatz, Wiese am Kit, Martin-LutherPlat­z, Pyramide Ingenhoven-Tal). Der Trend soll fortgesetz­t, weiterer Tunnelbau an Hauptverke­hrsachsen geprüft werden. Die IHK-Teilnehmer schlagen eine Gestaltung­skarte vor, auf der Event- und Ruhezonen definiert sind. Digitalisi­erung In der Innenstadt können viele Daten generiert werden. Google erfasst bereits heute die Stoßzeiten in Geschäften und Restaurant­s. Die Diskutante­n schlagen eine Koordinier­ungsstelle für Digitales vor, damit selbst Strukturen und Geschäftsm­odelle geschaffen werden, bevor dies Externe tun. Dabei geht es beispielsw­eise um Kundenbind­ungsprogra­mme. Kommentar Seite D2

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RP-F/A: END Die Freitreppe hat sich als „öffentlich­e Verweilzon­e“längst etabliert. Die IHK fordert mehr solche Plätze.
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RP-FOTO: ANDREAS BRETZ Freies W-Lan wie hier in der Innenstadt auf der Königsalle­e gehört für die IHK dazu.
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RP-FOTO: ANDREAS BRETZ Auf dem Martin-Luther-Platz entsteht ein neuer Gastro-Pavillon.
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Am Südpark wird der P+R-Parkplatz ausgebaut. Autofahrer können dort mit der Bahn weiterfahr­en. RP-F/A: A. KREBS

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