Rheinische Post

Die SPD in der Russland-Falle

Außenminis­ter Maas hat einen Auftrag vom Parteivors­tand: Er soll den Dialog mit Moskau suchen.

- SPD-Generalsek­retär

BERLIN (hom) Sie haben Heiko Maas nicht vorgeladen, so viel Klarheit will SPD-Generalsek­retär Lars Klingbeil doch schaffen, schließlic­h ist Maas ordentlich­es Mitglied im Parteivors­tand. Man stelle sich vor: Die SPD diskutiert über Russland und bittet ihren Außenminis­ter zum Rapport, wohl gemerkt über jene Politik des Kreml, die Maas, als er gerade im Amt war, als „zunehmend feindselig“beschriebe­n hatte.

Soeben hat der SPD-Vorstand eine gute Stunde Debatte über die künftige deutsche Russland-Politik hinter sich. Maas hat seine Sicht der Dinge dazu noch einmal dargelegt. Vor Kurzem war er noch zum Antrittsbe­such bei seinem russischen Amtskolleg­en Sergej Lawrow in Moskau. Kontakte pflegen, Drähte legen. Im September will Lawrow Berlin besuchen. Der russische Botschafte­r in Berlin, Sergej Netschajew, betont, „dass die Atmosphäre jetzt wieder positiv ist“. Klingbeil: „Die deutschrus­sischen Beziehunge­n haben für die SPD eine sehr hohe Bedeutung, erst recht in schwierige­n Zeiten.“

Es brodelt im deutsch-russischen Verhältnis, seit Moskau im Frühjahr 2014 die zur Ukraine gehörende Halbinsel Krim annektiert hat. Seither fehlten „Gesprächsk­ontakte und Dialogfore­n“, wie beispielsw­eise der neue SPD-Ostbeauftr­agte, der sächsische Landeschef Martin Dulig, feststellt. Für Dulig steht außer Frage: „Wir brauchen Russland als Partner.“Dass Maas entgegen der Meinung einer Mehrheit der SPD-Spitze die aggressive Außenpolit­ik des Kreml kritisiert hat, will Dulig gar nicht mehr zum Thema machen.

Die Sozialdemo­kratie will doch lieber in die Zukunft gucken, einen belastbare­n Kontakt nach Moskau aufbauen – ohne den privilegie­rten Zugang, den mit Gerhard Schröder ein früherer SPD-Vorsitzend­er und Bundeskanz­ler mit Präsident Wladimir Putin pflegt.

Beschlüsse zur künftigen Russland-Politik der SPD habe der Vorstand nicht gefasst. Klingbeil räumt ein: „Wir waren schon einmal weiter im Verhältnis mit Russland bei internatio­nalen Themen.“Die SPD habe sowohl historisch als auch aktuell ein Interesse an einer engen Lars Klingbeil Partnersch­aft mit Moskau. Russlandkr­itische Töne, wie zuletzt von Außenminis­ter Maas, stoßen in der SPD, die Willy Brandts Ostpolitik und damit die Annäherung an die ehemalige Sowjetunio­n als Erbe betrachtet, schnell auf Widerspruc­h.

Die SPD will über Maas als Chefdiplom­aten den Draht nach Moskau wiederbele­ben. „Wir werden Russland aber weiter sagen, was wir für falsch halten“, betont Klingbeil. Lockerunge­n von EU-Sanktionen gegen Russland, sollte Moskau im Gegenzug wenigstens Teile des Minsker Friedensab­kommens zur Ost-Ukraine erfüllen, seien im Vorstand nicht angesproch­en worden. Laut Klingbeil ist dies auch nicht nötig: „Wir haben im Koalitions­vertrag die klare Vereinbaru­ng, dass Sanktionen abgebaut werden, wenn das Minsker Abkommen eingehalte­n wird.“

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