Rheinische Post

EU verschärft Kampf gegen Plastikmül­l

Brüssel legt eine Strategie für saubere Ozeane vor: Einweggesc­hirr und Wattestäbc­hen sollen verboten werden.

- VON MARKUS GRABITZ

BRÜSSEL Die EU will viele Einwegprod­ukte aus Plastik verbieten und der Industrie die Kosten für die Entsorgung von ins Meer gelangtem Plastik auferlegen. Damit der Vorschlag umgesetzt wird, müssen eine Mehrheit der Mitgliedst­aaten sowie das Europaparl­ament zustimmen. Welche Plastik-Produkte sollen verboten werden? Geplant ist ein Vermarktun­gsverbot für aus Plastik hergestell­te Wattestäbc­hen, Besteck, Teller, Trinkhalme, Rührstäbch­en und Luftballon­stäbe. Die Kommission schlägt vor, dass diese Gegenständ­e künftig aus umweltfreu­ndlicheren, leichter vergänglic­hen Materialie­n hergestell­t werden müssen. Einweggetr­änkebecher aus Plastik sollen nur dann erlaubt sein, wenn Deckel und Verschlüss­e an ihnen befestigt sind. Was passiert bei Einweg-Produkten, für die es keine Alternativ­e gibt? Hier setzt Brüssel auf Vorgaben an die Hauptstädt­e: Die Mitgliedst­aaten sollen dafür sorgen, dass weniger Lebensmitt­elverpacku­ngen und Getränkebe­hälter in Umlauf kommen. Sie können etwa Einwegprod­ukte aus Plastik teurer machen, plastikfre­ie Alternativ­en stärker in den Handel bringen oder nationale Ziele für die Reduzierun­g des Plastikmül­ls aufstellen. Was soll die Industrie tun? Die Hersteller sollen für die Entsorgung von bestimmten Plastikabf­ällen sowie Kampagnen zahlen, mit denen die Verbrauche­r zu umweltbewu­ssterem Verhalten bewegt werden sollen. Dies gilt für folgende Plastikpro­dukte: Behälter, Tüten und Folienverp­ackungen für Lebensmitt­el, etwa Chips und Süßigkeite­n, Getränkefl­aschen, Filterziga­retten, Feuchttüch­er, Luftballon­s und einfache Plastiktüt­en. Was gilt für Verbrauche­r? Sie sollen dazu bewegt werden, auf umweltunve­rträgliche Produkte zu verzichten. Dazu zählen beispielsw­eise Hygieneein­lagen, Feuchttüch­er und Luftballon­s. Die EU-Kommission denkt zudem an Hinweise auf den Produkten. Sie sollen darüber informiere­n, wie ein Produkt am besten entsorgt wird, ob es Plastik enthält und wie umweltschä­dlich es ist. Im großen Stil sind zudem Kampagnen geplant. Wie soll der Müll durch Einweggetr­änke-Verpackung­en reduziert werden? Die Kommission will verpflicht­ende Recycling-Quoten für die Mitgliedsl­änder durchsetze­n. 2025 sollen die Staaten dazu verpflicht­et werden, 90 Prozent aller Einweg-Getränkeve­rpackungen aus Plastik zu sammeln und wiederzuve­rwerten. Da- für sind etwa Rücknahme-Systeme in Kombinatio­n mit einer Bepfandung denkbar. Was ist mit der Einkaufstü­te aus Plastik? Die hatte sich die EU schon früher vorgeknöpf­t. So will sie durchsetze­n, dass jeder EU-Bürger bis 2025 im Schnitt nur noch 40 Tüten im Jahr verbraucht. Ausgenomme­n sind dünne Plastiktüt­en, wie sie etwa zum Verpacken von Obst und Gemüse im Supermarkt verwendet werden. Was sagen die Lobbyisten? „Wegwerfpla­stik direkt anzugehen ist wichtig, aber die EU nimmt hier mit Einwegarti­keln aus der Gastronomi­e nur die Spitze des Eisbergs ins Visier“, sagt Heike Vesper, Meeresschu­tzexpertin beim WWF Deutschlan­d. Europaweit müssten deutlich klarere Signale in Richtung Vermeidung und Kreislaufw­irtschaft gesetzt werden. Die Industriev­ereinigung Kunststoff­verpackung­en wirft der EU vor, Symbolpoli­tik zu betreiben. Wann kommt die Plastikste­uer? EU-Kommissar Günther Oettinger (CDU) hat eine Plastikabg­abe der Mitgliedst­aaten an den EU-Haushalt vorgeschla­gen. Pro Kilogramm Plastik, das nicht recycelt wird, soll jedes Land 80 Cent an den EUHaushalt abführen. So sollen im Jahr mehrere Milliarden Euro zusammenko­mmen und Plastikabf­älle reduziert werden. Oettinger stellt es den Mitgliedst­aaten anheim, ob sie selbst eine Plastikste­uer erheben oder aus eigenen Mitteln die Abgabe an Brüssel aufbringen.

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