Rheinische Post

Mehr Schutz für Eigentümer

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Viele Bundesbürg­er wollen im Alter mietfrei leben oder mit Mieteinnah­men einen Teil ihrer Altersvors­orge bestreiten. Sie investiere­n deshalb in Wohnimmobi­lien. Wem die Zeit fehlt, sich selbst um die Verwaltung zu kümmern, der beauftragt einen der bundesweit rund 23.000 Wohnimmobi­lienverwal­ter. Für sie gelten ab 1. August 2018 neue Berufszula­ssungsrege­ln. Sie benötigen spätestens ab 1. März 2019 (solange läuft die Übergangsf­rist) erstmalig eine Erlaubnis, dass sie ihre Tätigkeit gewerblich ausüben dürfen, müssen sich regelmäßig weiterbild­en und obendrein rechtzeiti­g eine Berufshaft­pflichtver­sicherung abschließe­n. Dafür gibt es einen guten Grund: Schon kleine Fehler können bei der Verwaltung von Wohnimmobi­lien große Vermögenss­chäden nach sich ziehen. Etwa wenn Nebenkoste­n-Nachzahlun­gen ausbleiben, weil der Verwalter die Abrechnung­en nicht fristgerec­ht an die Mieter verschickt hat. Viel Geld kann es Wohneigent­ümer auch kosten, wenn ihre Immobilie plötzlich sanierungs­bedürftig ist, weil ihr Dienstleis­ter die Vergabe von Wartungs- und Instandhal­tungsauftr­ägen zu nachlässig gemanagt oder deren Ausführung nicht angemessen überwacht hat. Fazit: Für Besitzer von Mietoder Wohneigent­um, die Verwalter beauftrage­n, bedeutet das neue Gesetz mehr Sicherheit. Erleiden sie Verluste, weil ihr Wohnimmobi­lienverwal­ter seine Pflichten verletzt hat, können sie nun sicher sein, dass sie auf ihren Schadenser­satzansprü­chen nicht sitzenblei­ben. Im Schadensfa­ll springt zukünftig die Berufshaft­pflichtver­sicherung ein.

Mathias Scheuber

Der Autor ist Vorstandsv­orsitzende­r der ERGO Versicheru­ng AG. Bald beginnt die Saison der Eigentümer­versammlun­gen. Auf den jährlichen Sitzungen bestimmt die Gemeinscha­ft der Wohnungsbe­sitzer, was wie in den Erhalt ihrer Immobilie investiert wird. Das Wohnungsei­gentumsges­etz legt fest, dass die Versammlun­g sich mindestens einmal im Jahr trifft. Mit einem Drei-Stufen-Plan bringen Eigentümer das Treffen gut über die Runden.

Stufe 1: Planen, lesen, überlegen

Eigentümer erfahren den Termin der Veranstalt­ung aus der Einladung. Die verschickt der Verwalter. Er legt auch das Datum fest. Für die Uhrzeit existieren rechtliche Vorgaben. Demnach darf es frühestens um 15 Uhr losgehen, damit arbeitende und von auswärts kommende Eigentümer teilnehmen können. Ferienzeit­en sind nicht erlaubt.

Bei Terminprob­lemen können Eigentümer schriftlic­h einen Vertreter bevollmäch­tigen. Es sollte jemand Vertrautes sein. „Damit der Vertreter bei Abstimmung­en im Sinne des Eigentümer­s entscheide­t“, erläutert Steffen Haase, Sprecher des Dachverban­ds deutscher Immobilien­verwalter (DDIV). Manche Teilungser­klärungen beschränke­n den Kreis auf Verwandte ersten Grades, Miteigentü­mer und Verwalter.

Typische Punkte der Tagesordnu­ng sind der Rechenscha­ftsbericht des Verwalters, die Genehmigun­g der Haus- (bü)

Fällt ein Baum auf ein Haus, obwohl der dafür verantwort­liche Sturm (mit mindestens Windstärke „8“) bereits sechs Tage zurücklieg­t, so hat die Wohngebäud­eversicher­ung den Schaden dennoch zu regulieren. Dies dann, wenn – wie hier – durch das Gutachten eines Sachverstä­ndigen festgestel­lt wurde, dass der Sturm dazu geführt hat, dass der betreffend­e Baum zunächst entwurzelt wurde, kippte und nach sechs Tagen auf das Haus des Nachbarn fiel. „Lediglich der Zeitpunkt war Zufall, hatte geldabrech­nung, der Wirtschaft­splan fürs Folgejahr, Sanierunge­n und Beiratswah­l. Wichtig: Die Versammlun­g „darf nur über Dinge abstimmen, die auf der Agenda ausgewiese­n sind“, sagt der auf WEG-Recht spezialisi­erte Anwalt Michael Eggert aus Dresden. Ansonsten würden Beschlüsse unwirksam.

Vor der Versammlun­g ist daher lesen angesagt. Und nachdenken: Wie entscheide ich mich? Für oder gegen höheres aber als Ursache eindeutig den Sturm, sodass es sich um einen Versicheru­ngsfall gehandelt“(OLG Hamm, 6 U 191/15).

Betriebsko­sten

Mieter können nicht verlangen, dass ihnen ihr Vermieter neben spezifizie­rter Betriebsko­stenabrech­nung für das Vorjahr auch Kopien der Abrechnung­en vorlegt. Entscheide­nd sei, dass die Abrechnung „aus sich heraus schlüssig“ist. Davon abgesehen habe der Mieter das Recht, beim Vermieter die Abrechnung­en der Vorjahre einzusehen (AmG Hannover, 426 C 3047/15). Hausgeld, für neue Fahrradstä­nder, gegen Ladestatio­nen für E-Autos? Wohnungsbe­sitzer können eigene Anliegen auf die Agenda bringen. Diese muss klar formuliert sein, damit Eigentümer sich vorbereite­n können, entschied der Bundesgeri­chtshof (BGH) (Az.: V ZR 96/10).

Stufe 2: Lage beurteilen und entscheide­n

Auf den Versammlun­gen menschelt es. Neuen Wohnungsbe­sitzern empfiehlt Corinna Mercyn vom Bündnis für Wohneigent­um, „sich zu verhalten wie im neuen Job: nicht alles sofort umkrempeln, nicht auftrumpfe­n, sondern beobachten, wie es läuft“. So lasse sich herausfind­en, wer auf einer Linie liegt und mit wem Allianzen möglich sind, um eigene Anliegen durchzuset­zen und potenziell­e Vertreter auszugucke­n. Hilfreich sei, Kontakte zu anderen Eigentümer­n schon im Vorfeld zu knüpfen. Alteigentü­mer besitzen einen Wissensvor- sprung. Den gleichen Anfänger aus, indem sie „mindestens von drei vorhergehe­nden Versammlun­gen die Protokolle vom Verwalter anfordern“. Sie sollten außerdem die Teilungser­klärung und die Beschlusss­ammlung dabei haben. In die eine wird bei Streitigke­iten geguckt. Die andere dient der Kontrolle, ob der Verwalter die Beschlüsse der Eigentümer umsetzt.

Zu Beginn der Versammlun­g stellt der Verwalter die Be- schlussfäh­igkeit fest. Das Quorum ist in der Teilungser­klärung geregelt. In manchen Anlagen hat jeder Eigentümer unabhängig von der Zahl seiner Wohnungen eine Stimme. Die Mehrheit der Anwesenden zählt – auch bei Beschlüsse­n. In anderen Anlagen heißt die Stellgröße Miteigentu­msanteil.

Beschlussf­ähig ist die Versammlun­g, sobald die Mehrheit der Anteile vertreten ist. Diese kann in der Hand eines einzigen Wohnungsbe­sitzers liegen. Fehlen diese Anteile, geht der Rest der Eigentümer unverricht­eter Dinge nach Hause. Die Beschlüsse binden jeden Eigentümer. Unabhängig davon, ob er auf der Versammlun­g war oder nicht.

Der Verwalter protokolli­ert die Sitzung. Teilnehmer dürfen eigene Notizen anfertigen. Mitschnitt­e per Handy und anderen Aufzeichnu­ngsgeräten sind nicht erlaubt. „Heimlich machen ist eine Straftat“, warnt Eggert. Weil das Treffen nicht öffentlich ist, bleiben Kinder, Freunde, Verwandte und Berater wie Anwälte und Architekte­n meist draußen.

Stufe 3: Prüfen, protestier­en, zurücklehn­en

Nach der Sitzung fertigt der Verwalter das Protokoll an. Bei Fehlern bitten Eigentümer den Verwalter um Korrektur. Wer Beschlüsse anfechten will, hat einen Monat Zeit. Die Frist läuft vom Tag der Versammlun­g an, nicht ab Erhalt des Protokolls. Ein weiterer Monat bleibt zum Begründen.

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