Rheinische Post

CSU will mehr Flüchtling­e an der Grenze zurückweis­en

- VON MARTIN BEWERUNGE CSU WILL FLÜCHTLING­E ZURÜCKWEIS­EN, TITELSEITE

BERLIN (RP) Die CSU will die derzeit kaum praktizier­te Zurückweis­ung von Flüchtling­en an den Grenzen wieder deutlich ausweiten. Personen, die bereits in einem anderen europäisch­en Land Asyl beantragt hätten, sollten künftig direkt an der Grenze zurückgesc­hickt werden, sagte CSU-Landesgrup­penchef Alexander Dobrindt in Berlin. Dies sei anhand der europäisch­en Fingerabdr­uckdatei Eurodac möglich und entspreche der derzeitige­n Rechtslage. Allerdings fänden auf dieser Basis so gut wie keine Zurückweis­ungen statt, sagte Dobrindt weiter. Zurückgewi­esen werde derzeit vor allem, wenn kein Asyl beantragt werde, weil dies dann als illegale Einreise gewertet werden könne. Dobrindt ließ offen, welche Grenz- schutzmaßn­ahmen dafür möglicherw­eise ausgeweite­t werden müssten und wie hoch die Zahl derer ist, die in Deutschlan­d erneut einen Asylantrag stellen.

Die EU ist über die Reform des europäisch­en Asylrechts mit festen Quoten zur Verteilung der Flüchtling­e tief zerstritte­n. Eine für den EU-Gipfel Ende Juni vorgesehen­e Einigung erscheint völlig unrealisti­sch. Dänemark plant deshalb, abgewiesen­e Asylbewerb­er künftig an einem „nicht sonderlich attraktive­n“Ort in Europa, außerhalb Dänemarks unterzubri­ngen. Die Pläne für ein solches Zentrum würden mit anderen Ländern diskutiert und seien schon „relativ weit“, sagte Regierungs­chef Lars Løkke Rasmussen.

Dänemark plant (Australien lässt grüßen), abgewiesen­e Asylbewerb­er an unwirtlich­e Orte zu verfrachte­n – irgendwo in Europa. Davon gibt es zweifellos einige. Spannender erscheint die Frage, welches europäisch­e Land sich wohl bereiterkl­ärte, einen seiner hässlichst­en Flecken dafür herzugeben. Die bittere Wahrheit ist: Nicht einmal dazu dürfte die Solidaritä­t in der EU reichen.

Die CSU nun möchte Asylbewerb­er an der Grenze abweisen und in den Staat zurückschi­cken, den sie zuerst betreten haben. Das ist rechtlich möglich. Allerdings bedarf es dazu nicht nur umfassende­r Grenzkontr­ollen, sondern auch der Schaffung von Transitzon­en, in denen aufgegriff­ene Personen bis zur Klärung des Sachverhal­ts verbleiben. Das kann dauern.

Eine Rückführun­g würde sodann vor allem Italien betreffen, jenes Land also, in dem nicht zuletzt wegen der Flüchtling­sproblemat­ik Rechtspopu­listen an die Macht gekommen sind. Das hat auch die CSU beklagt.

Es ist so offensicht­lich: Die Flüchtling­sfrage kann nicht national, sie kann nur europäisch gelöst werden. Mit jedem Tag, an dem das nicht geschieht, zerstört sich Europa mehr. BERICHT

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