Rheinische Post

Raupe Nimmersatt

Der Eichenproz­essionsspi­nner breitet sich in diesem Jahr extrem stark aus. In Velbert musste eine Grundschul­e geschlosse­n werden.

- VON JÖRG ISRINGHAUS UND MARLEN KESS

Raupen- statt hitzefrei hieß es am Dienstag an einer Grundschul­e in Velbert. Große Teile des Geländes waren abgesperrt. Grund: In 17 Eichen hatte sich der Eichenproz­essionsspi­nner eingeniste­t, dessen Härchen schwere allergisch­e Reaktionen auslösen können. „Da wir für 400 Kinder dieVerantw­ortung übernehmen müssen, wollten wir kein Risiko eingehen“, sagt Schulleite­rin Sabine Klose. Die Nester des Schädlings waren schon am Wochenende entdeckt worden, am Montag war es den Eltern deshalb noch freigestel­lt, die Kinder in die Schule zu schicken. Am Dienstag wurden die Bäume von den Nestern befreit.

Landesweit sind in diesem Jahr besonders viele Städte betroffen. In Köln warnt die Stadt derzeit vor allem am Fühlinger See vor den Raupen – 70 Prozent der 250 Eichen dort sind befallen. In Düsseldorf zäunte die Städtische Wohnungsba­ugesellsch­aft befallene Bäume ein. Diese werden in Leverkusen von der Stadt zur Warnung markiert. „Es ist so schlimm wie noch nie“, sagtWolfga­ng Auler, dessen Velberter Schädlings­bekämpfung­sfirma für die Entfernung der Raupen an der Schule zuständig war. Dazu habe unter anderem der besonders warme Mai beigetrage­n. „Seit vier Wochen sind drei Mitarbeite­r ausschließ­lich mit dem Eichenproz­essionsspi­nner beschäftig­t.“Dabei gehe es einerseits um die Entfernung der Raupen und Nester, anderersei­ts um die Sichtung von befallenen Bäumen.

Die Schmetterl­ingsraupen sind deshalb so gefährlich für Menschen, weil ihre Haare Juckreiz, Pusteln und Husten auslösen können. „Das ist schon bei gesunden Menschen so, bei Senioren, Kindern oder Allergiker­n ist die Gefahr entspreche­nd höher“, sagt Peter Schütz, Sprecher des NRW-Umweltmini­steriums. Dem Ministeriu­m liegen keine Daten zur diesjährig­en Verbreitun­g des Schmetterl­ings vor. Bei einer so häufigen und ungefährde­ten Art gebe es keine Meldepflic­ht. Zudem sei der Befall von Region zu Region unterschie­dlich:„Im kühlen Bergland gibt es weniger Eichenproz­essionsspi­nner als im warmen Flachland.“

Grundsätzl­ich gilt: Die Raupen schlüpfen Anfang Mai, von Ende Juli bis Anfang September fliegen die ausgewachs­enen Schmetterl­inge. Beim Landesbetr­ieb Wald und Holz NRW heißt es, dass seit 2001 eine starke Vermehrung des Schmetterl­ings festgestel­lt werde. Zunächst sei er nur im linksrhein­ischen Tiefland und im Münsterlan­d vorgekomme­n, habe sich da- nach aber immer mehr verbreitet. Der Schmetterl­ing befällt vor allem einzeln stehende Eichen, Alleebäume undWaldrän­der. Er ernährt sich von Eichenblät­tern.

Seinen Namen verdankt das Insekt dem Fressverha­lten seiner Raupen: Diese schwärmen nachts in Gruppen von den Nestern in Richtung Baumkrone aus, was dann aussieht wie eine Prozession. Tagsüber leben die Schmetterl­inge und Raupen in gespinstar­tigen, klebrigen Nestern, die Schädlings­bekämpfer Wolfgang Auler zufolge bis zu einen Meter groß werden können. „Jede Raupe hat bis zu 600.000 Haare, in den Nestern sammeln sich entspreche­nd viele davon.“Die Nester müssten nahe Kindergärt­en und Schulen schnell entfernt werden. Entweder würden dabei die Raupen und Puppen abgesammel­t oder abgesaugt.„Danach kommen sie in die Müllverbre­nnungsanla­ge.“Mehrere Stunden habe am Morgen die Reinigung der 17 befallenen Bäume auf dem Gelände der Velberter Grundschul­e gedauert: „Nichts darf übersehen werden.“

Damit es erst gar nicht so weit kommt, empfiehlt Auler vorbeugend­e Maßnahmen. So könnten an Eichen spezielle Pflanzensc­hutzmittel eingesetzt werden, die die Raupen bereits früh abtöteten. Für dieses Jahr rechnet Auler aber noch mit vielen weiteren Einsätzen für sein Team: „Die Spitze des Befalls ist noch nicht erreicht.“

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FOTO: UWE MÖLLER / FUNKE FOTO SERVICES Ein Schädlings­bekämpfer vernichtet an der Grundschul­e in Velbert Nester des Eichenproz­essionsspi­nners.

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