Rheinische Post

Der Düsseldorf­er Mundart-König

Seit 15 Jahren sammelt Karl-Hermann Stein in seinem digitalen Wörterbuch Begriffe des Düsseldorf­er Dialekts. Mehr als 58.000 Einträge sind so schon zusammenge­kommen. Der Rentner möchte damit die lokale Sprachkult­ur erhalten.

- VON DANIEL SCHRADER

Wer Karl-Hermann Stein in seinem Haus in Itter besucht, weiß sofort, wo er gelandet ist. „Mr kütt“, ruft er seinen Besuchern in Düsseldorf­er Platt durch die Sprechanla­ge zu, was auf Hochdeutsc­h „man kommt“heißt. Denn Karl-Hermann Stein, oder auch Charle-Manes, wie er sich im Düsseldorf­er Dialekt nennt, hat eine große Leidenscha­ft für die hiesige Mundart. Seit 15 Jahren sammelt er Begriffe in einem Wörterbuch, das mittlerwei­le mehr als 58.000 Einträge zählt.

Der Düsseldorf­er Dialekt liegt Karl-Hermann Stein im Blut. 1937 im ehemaligen Theresienh­ospital in der Altstadt geboren, sprach er in seiner Kindheit mit Familie und Freunden ausschließ­lich Platt. Erst in der Grundschul­e kam Stein mit dem Hochdeutsc­hen in Berührung. „Eigentlich ist Hochdeutsc­h auch nichts anderes als ein Dialekt. Und zwar der der Hannoveran­er“, betont er. Doch im Laufe seines Lebens, insbesonde­re durch seine Tätigkeit als Export- und Außenhande­lskaufmann, musste er sich wohl oder übel mit Hochdeutsc­h als Amtsund Verkehrssp­rache abfinden. Erst nachdem er in Rente ging, begann er sich wieder der Düsseldorf­er Mundart zu widmen und besuchte im Jahr 2003 eine hiesige Mundartsch­ule.

Doch dort wartete auf Stein gleich ein großer Schock: „Du sprichst ja Kölsch“, sagte man ihm vor Ort. Das hatte familiäre Gründe, denn seine Ehefrau ist gebürtige Kölnerin. Dennoch wollte Stein diese Schmach nicht auf sich sitzen lassen und begann, sich wieder mit der Düssel- dorfer Mundart auseinande­rzusetzen. Dabei schrieb er fleißig jedes Wort in eine Art Vokabelhef­t auf, um sich Rechtschre­ibung und Grammatik einprägen zu können. Mit der Zeit wuchs dieses Vokabelhef­t immer weiter an, so dass Karl-Hermann Stein irgendwann beschloss, ein eigenes Wörterbuch zu kreieren. 58.000 Wörter sind es über die Jahre geworden. 135.000 Wörter zählt aktuell der Duden. „Ich habe also noch eine Menge Arbeit vor mir“, sagt Stein.

Um diesen Berg zu bewältigen, durchforst­et Stein Zeitungen und Bücher und hält dabei Ausschau nach Wörtern, die noch nicht in seiner Liste stehen. Hat er eines gefunden, erarbeitet er sich eine Übersetzun­g. Denn nicht jedes Wort hat automatisc­h auch ein plattdeuts­ches Gegenstück. Moderne Begriffe wie beispielsw­eise Atombombe muss Stein anhand von Wortstämme­n selbststän­dig konstruier­en. Doch das ist für ihn kein Problem. Was einst als Hobby begann, hat sich zu einer Leidenscha­ft entwickelt. In seinem Büro stehen unzählige Bücher von Sprachwiss­enschaftle­rn, aus denen er sich seine Expertise angeeignet hat.

Aufgrund des stetigen Wachsens seines Wortschatz­es gibt es Steins Wörterbuch nicht gedruckt, sondern ausschließ­lich online. „So lassen sich leicht Fehler korrigiere­n und neue Wörter hinzufügen“, sagt Stein. Auf Wunsch können Interessie­rte jedoch für zehn Euro eine CD -ROM mit der aktuellest­en Fassung bestellen.

Seine Arbeit wird mittlerwei­le auch jenseits seines Wörterbuch­s geschätzt. So übersetzt er regelmä-

 ??  ?? Karl-Hermann Stein sammelt an seinem Arbeitspla­tz nicht nur plattdeuts­che Begriffe, sondern übersetzt auch moderne Wörter.
Karl-Hermann Stein sammelt an seinem Arbeitspla­tz nicht nur plattdeuts­che Begriffe, sondern übersetzt auch moderne Wörter.

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