Johnny Depp greift zur Gitarre. Auch andere Filmstars machen Musik.
Mit den Hollywood Vampires spielen am Donnerstag in Mönchengladbach alte Rocklegenden im Sparkassenpark auf. Unter ihnen: Filmstar Johnny Depp. Er ist nicht der einzige Schauspieler, den es auf die Konzertbühne drängt.
Früher lief es in Hollywood so: Wer als Musiker Erfolge feierte, dem öffneten sich auch im Filmgeschäft die Türen. Dean Martin, Elvis Presley und Frank Sinatra drehten Filme am Fließband, allerdings von oft zweifelhaftem künstlerischen Wert. Heute funktioniert es vor allem andersherum: Wer als Filmstar Karriere macht, den zieht es oft auch auf die Konzertbühne.
Gerade tourt Johnny Depp mit den Hollywood Vampires durch Deutschland, einer von Alice Cooper gegründeten Band gut abgehangener Rocklegenden, und produziert sich als Gitarrist – am Donnerstag im Sparkassenpark in Mönchengladbach. Ob aber eher seine musikalischen Qualitäten die Fans in die Hallen locken oder seine Leinwand-Popu- larität, ist schwer zu trennen – auf jeden Fall sieht Depp auf der Bühne nicht wesentlich anders aus als Captain Jack Sparrow, seine wohl bekannteste Rolle aus „Fluch der Karibik“. So halten sich etwaige Enttäuschungen in Grenzen.
Wobei man den musizierenden Filmstars Unrecht täte, würde man sie unisono als Blender oder Dilettanten verunglimpfen. Oft wurzelt die Liebe zum Instrument in einer von den Eltern früh angelegten musikalischen Erziehung, besitzt also ein solides Fundament. So legt fast jeder Leinwandheld, der öffentlich zur Gitarre greift, Wert auf die Feststellung, dass die Musik vor der Schauspielerei da war. „Ich bin in einer sehr frommen Familie aufgewachsen, habe im Kirchenchor gesungen, klassisches Piano gelernt, aber auch als Kind in Musicals gespielt. Ich habe Musik immer geliebt“, sagte zum Beispiel Kevin Costner, der mit seiner Countryband Modern West bereits vor Jahren durch Deutschland reiste.
Auch Depp kann auf eine Karriere als Gitarrist verweisen, spielte er doch unter anderem auf Alben von Oasis und Marilyn Manson und ist auf den Soundtracks von „Chocolat“und„Irgendwann in Mexiko“zu hören. Sogar Teil einer Band namens P war er schon – nach einem Album war allerdings Schluss.
Ebenfalls gerade hierzulande mit Klampfe und Cowboystiefel unterwegs ist Kiefer Sutherland, bekannt als Jack Bauer aus der US-Serie „24“. Unverdrossen arbeitet der 51-Jährige an seinem Musikerstatus, obwohl sich sein Debütalbum 2016 in den USA nur rund 3500 Mal verkaufte. Gemessen an den Millionen, die Sutherland als Serienheld verdient – er war zu „24“-Zeiten der bestbezahlte US-Seriendarsteller –, muss er es also verdammt ernst meinen mit seiner Gesangskarriere.
Ob seine Popularität als Schauspieler ihm die Säle füllt, ist ihm daher auch egal – einmal im Konzert, müsse er eben alle Besucher von seinen Qualitäten überzeugen, sagte er in einem Interview.
Die Liste der Stars, die das Film- mit dem Tonstudio tauschen und das Live-Erlebnis auf der Konzertbühne der Kinoleinwand vorziehen, ist lang. Sehr lang. Jeff Bridges etwa singt gefühlvolle Americana-Songs, Bruce Willis war als R‘n‘B-Sänger erfolgreich und greift auch heute noch gelegentlich zum Mikro, Keanu Reeves nahm als Bassist der Band Dogstar zwei Alben auf und spielte im Vorprogramm von David Bowie und Bon Jovi, Kevin Bacon tourte mit seinem Bruder Michael als die Bacon Brothers, Juliette Lewis gründete die (mittlerweile aufgelöste) Rockband Juliette and The Licks.
Der australische Schauspieler Russell Crowe sang erst bei der Band Antix, formierte dann 30 Odd Foots of Grunt, die sich 2005 in Russell Crowe & The Ordinary Fear of God umbenannte und heute noch ge- legentlich auftritt. Besonders erfolgreich ist Jared Leto mit seiner Band 30 Seconds to Mars, gerade eine aktuelle Platte („Apart“) veröffentlicht hat Scarlett Johansson, allerdings eine Kooperation mit dem Vollzeit-Musiker Pete Yorn.
Das Phänomen singender Schauspieler ist aber keineswegs nur auf Hollywood beschränkt. Auch hierzulande arbeiten etliche Mimen an einer melodiösen Zweitkarriere. So singt beispielsweise Anna Loos erfolgreich bei der Ex-DDR-Band Silly, ihr Mann Jan Josef Liefers tourt seit vielen Jahren mit seinem eigenen Band-Projekt Radio Doria, Axel Prahl stellt sich alleine mit seiner Gitarre auf die Bühne, und Robert Stadlober ist Gründungsmitglied der Band Gary.
Für die deutschen Schauspielmusikanten gilt wie für die US-Kollegen – sie meinen es ernst. Er mache das nicht, um seine Freizeit totzuschlagen, sagte Liefers einmal. Sein Antrieb und der seiner Band-Kollegen sei die Leidenschaft für die Musik. Und solange sich ein Publikum finde, dass das, was er und seine Mitmusiker abliefern, goutieren würde, so lange sei alles gut, müsse man das doch als Erfolg verbuchen. Noch erfolgreicher wäre es dann wohl nur noch, wenn die Zuhörer vergessen würden, dass sie das Gesicht auf der Bühne vergangene Woche noch im „Tatort“gesehen haben.