Beste Freunde?
US-Präsident Donald Trump und Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un feiern ihr Treffen als großen Erfolg. Der Jubel ist leider etwas verfrüht.
Geschlagene 13 Sekunden hat der Handschlag zwischen US-Präsident Donald Trump und Nordkoreas Führer Kim Jong Un gedauert, und es besteht kein Zweifel daran, dass die beiden Männer damit Geschichte geschrieben haben. Freilich, ob der Augenblick von Singapur einst ein ganzes Kapitel in den Geschichtsbüchern erhält oder doch nur eine schmale Fußnote, das ist völlig offen. Darüber kann weder die Hochglanz-Show des Gipfels hinwegtäuschen noch Trumps lautes Triumphgeheul. Erst wenn sich aus dem Treffen tatsächlich konkrete Schritte für Abrüstung und Entspannung auf der koreanischen Halbinsel ergeben sollten, hätte Trump auf seine unkonventionelle Art etwas erreicht, an dem alle seine Vorgänger ge- scheitert sind. Dann hätte er sich den Applaus der Welt redlich verdient. Und vielleicht sogar den Friedensnobelpreis.
Aber so weit sind wir noch lange nicht. Zieht man jenseits der schulterklopfenden Gesten eine Bilanz des Gipfels von Singapur, dann fällt diese leider ernüchternd aus. Die von Trump als „sehr umfassend“gelobte Abschlusserklärung enthält reichlich heiße Luft. Das gilt vor allem für die Passagen zur atomaren Abrüstung, die sogar deutlich hinter entsprechende Dokumente zurückfallen, die Korea bereits 1992 unterzeichnet hatte. Die ursprüngliche Forderung der Amerikaner nach einer „vollständigen, überprüfbaren und unumkehrbaren“Zerstörung des nordkoreanischen Nukleararsenals taucht überhaupt nicht mehr auf. Wir erinnern uns: Diese Zusage zu erreichen, war das erklärte Ziel Donald Trumps bei diesem Gipfel, der große Deal, den er Kim unbedingt entreißen wollte.
Doch wie es aussieht, hat in Singapur vor allem Kim einen guten Deal gemacht. Er hat alles bekommen, was er wollte: einen Fototermin mit dem mächtigsten Politiker der Welt und obendrein eine Einladung ins Weiße Haus – nach dieser Anerkennung hatten schon Kims Vater und Großvater gelechzt. Gleichzeitig bekommt der Diktator einen Fuß in die Tür für eine Abschwächung der scharfen Sanktionen gegen sein Land. Und dies alles ohne jede konkrete Gegenleistung.
Trump, der in Singapur wie berauscht wirkte von der Begeisterung über sich selbst, überraschte dann auch noch das verbündete Südkorea mit der Ankündigung, die USA würden die gemeinsamen Militärmanöver ein- stellen – eine alte Forderung der Nordkoreaner. Zwar wünscht sich wohl niemand einen stabilen Frieden auf der geteilten Halbinsel mehr als die Südkoreaner. Dass aber ihre Sicherheit vom wichtigsten Alliierten mal eben so zur Disposition gestellt wird, dürfte nicht nur sie, sondern auch alle anderen US-Verbündeten in der Region zutiefst beunruhigen.
Singapur, das war der Gipfel zweier Egomanen, die beide vor allem ihre persönliche Agenda verfolgen. Was nicht heißt, dass daraus nicht etwas Positives erwachsen kann. Vorstellbar ist aber auch, dass Trump oder Kim das ganze Projekt aus einer Laune heraus wieder kippen. Hoffen wir, dass man in ein paar Jahren wenigstens wird sagen können, dass es den Versuch wert war.
Es ist fast eine körperliche Anstrengung, den Händedruck zwischen dem US-amerikanischen Präsidenten Donald Trump und dem nordkoreanischen Machthaber Kim Jong Un zu loben. Ist das nicht der Mann, der Zehntausende Menschen einsperren und verhungern lässt, seine Gegner brutal ermordet und seinem Volk Freiheiten verwehrt wie in kaum einem anderen Land der Welt? Wie kann man zu diesem brutalen Diktator ernsthaft eine „großartige Beziehung“aufbauen, wie es der angebliche Führer der freien Welt, US-Präsident Donald Trump, nun gesagt hat? Und warum schafft es der Staatschef der einflussreichsten Demokratie der Welt nicht, über die engsten Verbündeten, etwa die Europäer, so positiv zu reden?
Ja, dieser Friedensgipfel in Singapur tut weh. Aber es ist ein Friedensgipfel. Millionen Koreaner haben ihn mit Hoffnungen verfolgt. Sie wollen ihre Familien auf der anderen Seite der Grenze wiedersehen, sie wollen frei sein und reisen, und sie wollen vor allem ohne Angst vor dem Nuklearkrieg leben. Und nur, weil es bei Donald Trump wohl eher um seinen eigenen Eintrag in die Geschichtsbücher als um Versöhnung auf der koreanischen Halbinsel geht, macht es das Ansinnen nicht schlechter. Es ist eine historische, eine gute Tat. A lleine das Treffen zwischen den Staatschefs der Länder, die offiziell noch im Kriegszustand sind, ist ein Fortschritt. Wenn Donald Trump und Kim Jong Un ernst machen und eine koreanische Halbinsel ohne Atomwaffen Realität wird, dürfte dies die Diskussion über die nukleare Abrüstung auch in anderen Ecken der Welt befördern. Vielleicht ist das auch ein Grund für die scharfe Reaktion aus dem Iran auf den Gipfel in Singapur.
US-Präsident Barack Obama hat 2009 den Friedensnobelpreis bekommen, weil seine Ansprache an die Völker der Welt eine des Friedens und des Miteinanders war. Am Ende seiner Amtszeit blieben die Krisenherde im Iran, in Syrien und im Nahen Osten. Die EU hat die Auszeichnung 2012 bekommen, heute ist sie in zentralen Feldern zerstritten und Rechtspopulisten haben Auftrieb mit EU-kritischen Positionen. Der Gründer einer Terror-Organisation, Palästinenser-Präsident Jassir Arafat, bekam 1994 (mit Schimon Peres und Jitzchak Rabin) den Preis in der Hoffnung auf dauerhaften Frieden im Nahen Osten. Später unterstützte er die todbringende Zweite Intifada. Heute ist die Region von Frieden sehr, sehr weit entfernt.
Warum sollten nicht auch Donald Trump und Kim Jong Un den Friedensnobelpreis bekommen? Millionen Koreaner haben die Hoffnung auf ein Ende des jahrzehntelangen Konflikts durch das Treffen dieser beiden Männer wiedererlangt. Ist das nichts?