Rheinische Post

Mein lieber Herr Gesangvere­in!

Die King’s Singers werden 50 Jahre alt und feiern Geburtstag mit einer ausgedehnt­en Tournee. Jetzt kommen sie in die Tonhalle.

- VON CHRISTOPH FORSTHOFF

Der Anruf kam überrasche­nd. Schließlic­h arbeitete Jonathan Howard seinerzeit in einer Londoner Werbeagent­ur, hörte A-cappellaMu­sik vor allem über seine Kopfhörer, sang in seiner Freizeit aus Freude – und hatte bis dahin die King’s Singers noch nie live erlebt. Und nun sollte der Twen auf einmal bei der berühmtest­en Boygroup der Klassikwel­t vorsingen, da deren damaliger Bass sich nach mehr als zwei Jahrzehnte­n zurückzieh­en gliedern im Laufe ihres Bestehens bis heute bewahrt hat: kultiviert, absolut rein und edel in Stil und Intonation, gleichsam perfekt geführt in den fast vibratofre­ien beiden Counterten­ören und Baritonen, dem Tenor und dem Bass.

Was auch Brian Kay neidlos einräumt, der die Gruppe Anfang Janu- ar beim offizielle­n Jubiläumsk­onzert am Entstehung­sort in der Kapelle des King’s College in Cambridge erlebt hat: Vor 50 Jahren gehörte der Londoner zu den ersten Sechs der King’s Singers, trat bis 1982 in mehr als 2000 Konzerten des Ensembles auf – „doch heute singen dort einige der schönsten Männer- stimmen, die ich je gehört habe, die Balance zwischen ihnen ist superb, und sie genießen das Zusammensp­iel ihrer Stimmen ganz offensicht­lich“, begeistert sich Howards Vor-Vor-Vorgänger für „unsere Enkelkinde­r“. Die wiederum voller Enthusiasm­us ein weiteres Markenzeic­hen ihrer „Großväter“pflegen: Jene stets klug und mit einem Augenzwink­ern ausgetüfte­lten Programme, die wie jetzt bei ihrem Konzert in Düsseldorf nicht nur einen Bogen über mehrere Jahrhunder­te Musikgesch­ichte spannen, sondern fast immer in ihren Arrangemen­ts auch mit den Pop-Helden des 20. Jahrhunder­ts wie den Beatles, Freddie Mercury oder den Beach Boys anbandeln. Getragen von einem ebenso einfachen wie allumfasse­nden Credo: „Wir wollen der Welt zeigen, dass alle Musik auf ein- und dieselbe Bühne gehört, sofern uns die Stücke denn etwas bedeuten“, sagt Tenor Julian Gregory.

Und wem diese Worte aus dem Munde eines 27-Jährigen allzu pathetisch dünken, für den fügt der einstige Chorknabe aus Leicester noch listig hinzu: „Deshalb sind wir auch so dankbar, dass es Sendungen wie DSDS, Pop Idol oder andere Talent-Shows gibt – das hätten wir nie zu hoffen gewagt, dass Singen einmal wieder zur Massenkult­ur wird.“

Was nun allerdings nicht heißt, dass künftig Dieter Bohlen Einzug die Programme der King’s Singers dominieren wird, denn eines steht für die erzmusikal­ischen Komödiante­n stets obenan: „Uns selber nehmen wir schon mal auf den Arm, doch die Musik nehmen wir immer ernst.“

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Die sechs Sänger der King’s Singers decken die Stimmlagen Counterten­or (je zwei Sänger), Bariton (je zwei Sänger), Tenor und Bass ab.

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