Frischer Blick aufs Western-Genre
In „Die Frau, die vorausgeht“spielt Jessica Chastain eine Malerin, die Häuptling Sitting Bull porträtieren möchte.
„Sie sehen aus wie jemand mit guten Absichten“sagt Colonel Silas Groves (Sam Rockwell) im Zug zu der alleinreisenden Dame und das ist nicht als Kompliment gemeint. Gute Absichten ist das letzte, was die US-Armee im Jahre 1890 in Fort Yates gebrauchen kann. Schließlich wurde Groves nach North Dakota gesandt, um die dort lebenden Sioux-Stämme mit einem weiteren Knebel-Vertrag aufzuspalten und eines Großteils ihres Reservates zu berauben. tete Häuptling und die Malerin, die den gesellschaftlichen Zwängen ihres New Yorker Witwendaseins entflohen ist, sich aneinander annähern, beginnt Groves mit der Halbierung der Nahrungszuteilungen Druck auf Reservatsbewohner für die anstehenden Verhandlungen auszuüben. Die heranrückenden Truppen der US-Armee unter Führung von General Crook (Bill Camp) haben dem Häuptling die Niederlage in der Schlacht am Little Big Horn vor vierzehn Jahren bis heute nicht verziehen. Catherine versucht mit ihren Kontakten nach Washington gegen das Abkommen mobil zu machen, während Sitting Bull beginnt, den Widerstand der Stammesältesten zu organisieren.
Mit „Die Frau, die vorausgeht“erzählt die britische Regisseurin Susanna White („Verräter wie wir“) in Anlehnung an reale Ereignisse von der Malerin Catherine Weldon, der mit ihrem Porträt von Sitting Bull nicht nur ein provokantes künstlerisches Statement gelang, sondern sich auch auf politischer Ebene gegen die Vertreibung der Lakota einsetzte. Nach „Hostiles – Feinde“ist dies nun schon der zweite Western in dieser Kinosaison, der den Pioniermythos des Genres gründlich auseinanderpflückt.
Während ersterer mit einer guten Portion Lakonie der mörderischen Vergangenheit direkt ins Gesicht blickte, führt White in „Die Frau, die vorausgeht“vor der cinegenen Kulisse des Wilden Westens patriarchale und rassistische Machtme- chanismen vor. Dieser Ansatz funktioniert überraschend gut, weil sie mit ihrem Film stets nah an den beiden Hauptfiguren bleibt.
Die Rolle der Catherine Weldon wirkt wie maßgeschneidert für Jessica Chastain. Ob als CIA-Agentin in „Zero Dark Thirty“(2012), knallharte Lobbyistin in „Die Erfindung der Wahrheit“(2016) oder zuletzt als Poker-Queen in „Molly’s Game“(2017) hat sich die Schauspielerin in Rollen von Frauen, die sich in männerdominierten Welten nicht unter- Bewertung: