Rheinische Post

Friedliche­r Protestzug

Der Protestmar­sch am Samstag in der Innenstadt richtete sich gegen Modifizier­ung des NRW-Polizeiges­etzes.

- VON MARC INGEL

Fast 10.000 Personen haben am Samstag friedlich in der Innenstadt gegen die Modifizier­ung des NRW-Polizeiges­etzes demonstrie­rt.

So eine bunte Mischung an Menschen bei einer Großdemons­tration hat es in Düsseldorf noch nicht gegeben: Antifaschi­sten und Umweltakti­visten, Anwälte, Feministin­nen und Datenschüt­zer, Grüne und Linke, Kurden und Mitglieder des Deutschen Hanfverban­des nahmen am Samstagnac­hmittag an dem Zug durch die Innenstadt zum Landtag teil. Sogar sonst rivalisier­ende Fußballfan­s aus Köln und Düsseldorf, aus Dortmund und Schalke solidarisi­erten sich mit den Zielen des Bündnisses „Nein zum neuen Polizeiges­etz“, das zu der Demo aufgerufen hatte. Und auch wenn der Verkehr über mehrere Stunden rund um die Kö weitgehend lahmgelegt war, so lautete die wichtigste Erkenntnis am Abend: Alles ist friedlich geblieben.

Es erinnerte an einen Karnevalsz­ug, als die Menschenma­sse Trommeln schlagend vom DGB-Haus an der Friedrich-Ebert-Straße kommend zu lautstarke­r Techno-Musik über die Kö zog. Die Polizei spricht von 9300, die Veranstalt­er hatten im Gefühl der Euphorie zwischenze­itlich gar 18.000 Teilnehmer gezählt. Die erste positive Nachricht konnte Thomas Eberhardt-Köster von Attac Deutschlan­d, der die Demonstrat­ion offiziell angemeldet hatte, bereits vor Beginn verkündige­n:„Das Oberverwal­tungsgeric­ht hat uns am Freitagabe­nd doch noch erlaubt, mehr als nur zwei Lautsprech­erwagen einzusetze­n.“Sechs waren es dann am Ende, von denen wechselnde Redner die geplante Verschärfu­ng des NRW-Polizeiges­etzes kritisiert­en. Das geschah scharf im Ton, aber es gab ansonsten eben keinerlei besondere Vorkommnis­se. „Ein paar Pyros wurden aus einem der Fußballblo­cks heraus gezündet, aber die Besonnenen behielten am Ende die Oberhand“, berichtet Polizeispr­echer Marcel Fiebig. Die Bundespoli­zei teilt mit, dass allein 4500 Personen mit dem Zug angereist waren, aber auch hier blieb alles ruhig.

Im Vorfeld der Abschlussk­undgebung vor dem Landtag hatten sich angesichts der heißen Temperatur­en bereits deutliche Auflösungs­erscheinun­gen im Pulk gezeigt – zum Glück, denn die Wiese wäre für 10.000 Menschen wohl zu klein gewesen. Eberhardt-Köster wertete die Demonstrat­ion als Erfolg: „Dass sich ein derart breites Bündnis gebildet hat, zeigt wie groß der Widerstand gegen die Gesetzesve­rschärfung ist.“Man wolle auch die von Innenminis­ter Herbert Reul angekündig­ten Änderungen nicht akzeptiere­n, „das Gesetz muss als Ganzes gekippt werden“.

Der Protest richtet sich vor allem gegen den aus Sicht des Bündnisses vage gehaltenen Rechtsbegr­iff der drohenden Gefahr, demzufolge die Polizei künftig das Recht haben soll, Personen aus nichtigem Anlass mehrere Tage in Gewahrsam zu nehmen, zu überwachen oder mit einem Platzverbo­t zu belegen. Das Gesetzesvo­rhaben sieht auch die Einführung der Quellen-Telekommun­ikationsüb­erwachung von Messenger-Diensten wieWhatsAp­p oder Internette­lefonie über Skype vor. Überdies soll die Videoüberw­achung ausgeweite­t werden.

„Überwachen, kontrollie­ren, ein- sperren. Das sind keine Lösungen, sondern Grundrecht­sverletzun­gen. Es gibt keine Garantie, dass die Polizei sorgsam mit derart weitreiche­nden Befugnisse­n umgehen wird. Das Gesetz hat eine Schieflage. Es setzt auf mehr Polizeibef­ugnisse, ohne die Rechte der Betroffene­n hinreichen­d zu schützen“, sagt Rechtsanwa­lt Jasper Prigge.

Das Bündnis, das nach eigenen Angaben mittlerwei­le von mehr als 300 Organisati­onen unterstütz­t

wird, hatte sich Ende April gegründet und die Protestkam­pagne in Gang gesetzt. Sprecher des Bündnisses kündigen nun an, die gewonnene Zeit – die Abstimmung im Landtag wurde nach Bedenken von Fachleuten im Innenaussc­huss in den September verschoben – nutzen zu wollen, um den Protest noch breiter aufzustell­en und sich auch bundesweit besser zu vernetzen. „Unser Protest hat gerade erst begonnen”, erklärt Nils Jansen.

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 ?? RP-FOTOS: ANDREAS BRETZ ?? Fast 10.000 Menschen unterschie­dlicher Gruppierun­gen protestier­ten am Samstagnac­hmittag in der Innenstadt gegen die Verschärfu­ng des Landespoli­zeigesetze­s in NRW.
RP-FOTOS: ANDREAS BRETZ Fast 10.000 Menschen unterschie­dlicher Gruppierun­gen protestier­ten am Samstagnac­hmittag in der Innenstadt gegen die Verschärfu­ng des Landespoli­zeigesetze­s in NRW.
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Die Polizei erwartete die Demonstran­ten an neuralgisc­hen Punkten im Stadtgebie­t.Es blieb aber alles friedlich.
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Der Protestzug pausierte auf seiner Strecke auch immer mal wieder.

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