Rheinische Post

Sprintstar Sagan dominiert Tour-Auftakt

Die ersten beiden Etappen liefern gleich gehörig Gesprächss­toff: Der umstritten­e Favorit Chris Froome schwächelt, ein Defekt bremst Deutschlan­ds Top-Sprinter Marcel Kittel aus, und der Weltmeiste­r zeigt es mal wieder allen.

- VON CHRISTOPH LEUCHTENBE­RG UND EMANUEL REINKE

LA ROCHE-SUR-YON (sid) Frust statt Gelb für den glücklosen Marcel Kittel, eine Bruchlandu­ng und viel Häme für Chris Froome: Zum Auftakt der 105. Tour de France sind die deutschen Radprofis um den am Sonntag von einem Defekt gestoppten Topsprinte­r Kittel an der Atlantikkü­ste leer ausgegange­n, der umstritten­e Topstar Froome steht nach einem veritablen Fehlstart bereits unter Druck.

„Das gehört zum Spiel dazu, wir wussten, dass die ersten Etappen tückisch werden, bis Paris ist noch lange“Chris Froome Sky

Nach seinem Sieg auf der zweiten Etappe fährt der slowakisch­e Weltmeiste­r Peter Sagan vom deutschen Team Bora-hansgrohe im Gelben Trikot. Nach 182,5 km setzte sich Sagan in einem chaotische­n Sprint-Finale in La Roche-sur-Yon in der Vendee vor dem Italiener Sonny Colbrelli (Bahrain-Merida) und dem Franzosen Arnaud Demare (Groupama-FDJ) durch. Bester Deutscher war Routinier Andre Greipel (Rostock/Lotto-Soudal) auf Platz vier.

„Wenn man Vierter wird, muss man sich nicht verstecken“, sagte Greipel nach der Hitzeschla­cht, in der zudem ein Großteil der Sieganwärt­er nach einem Massenstur­z zwei Kilometer vor dem Ziel aus dem Rennen war: „Ich habe mich etwas verpokert, aber das Team hat hervorrage­nde Arbeit geleistet.“Neunter wurde John Degenkolb (Gera/Trek-Segafredo), der sich aber im Sprintfina­le durch Sagan behindert sah. „Ich wollte um den Sieg mitfahren und hatte gute Beine“, sagte Degenkolb.

Der 30 Jahre alte Kittel (Arnstadt/ Katusha-Alpecin), der zum Auftakt als Dritter beim Sieg des Kolumbiane­rs Fernando Gaviria (QuickStep Floors) noch seine Form unter Beweis gestellt hatte, musste sieben Kilometer vor dem Ziel sein Rad wechseln und war chancenlos. „Wir haben die Power zu siegen“, hatte Kittel nach der ersten Etappe gesagt – zeigen konnte er es nicht. Gaviria selbst war in den Massenstur­z verwickelt und verlor damit Gelbes und Grünes Trikot an Sagan.

Im Mittelpunk­t stand auf den ersten beiden Etappen bereits Titelver- teidiger Froome. Nachdem er bei der Teampräsen­tation am Donnerstag böse ausgepfiff­en worden war, hielten sich zwar die Feindselig­keiten am Streckenra­nd in Grenzen – dafür folgte ein sportliche­r Rückschlag: Fünf Kilometer vor Ende der ersten Etappe flog der Brite nach einer Kollision mit Rick Zabel (Unna) in den Straßengra­ben. Zwar blieb

Froome, der nur knapp einen Betonpfahl verpasste, unverletzt, handelte sich aber eine Runde Minute Rückstand ein.

„Das gehört zum Spiel dazu, wir wussten, dass die ersten Etappen tückisch werden. Bis Paris ist noch ein langer Weg“, sagte Froome, dessen Crash im Zielbereic­h von den Zuschauern hörbar bejubelt wurde. Nach einem Tour-Auftakt zum Vergessen mit Sturz, Zeitverlus­t und vielen unschönen Nebengeräu­schen stehen der Dominator und sein Sky-Team am Montag im 35 Kilometer langen Einzelzeit­fahren rund um Cholet bereits unter Druck.

Gleiches gilt für zwei weitere Mitfavorit­en: Der Australier Richie Porte (BMC) kam am Samstag mit Froome ins Ziel, der Kolumbiane­r Nairo Quintana (Movistar) hatte noch 25 Sekunden mehr Verspätung. Im Kampf um Gelb müssen die Anwärter wohl früher als gewollt ihrer Karten auf den Tisch legen.

Etwas fürs Herz war am Sonntag die Vorstellun­g von Sylvain Chavanel: Der 39 Jahre alte Franzose, der mit seiner 18. Tour-Teilnahme zum alleinigen Rekordhalt­er aufstieg, lag rund 150 km als Solist an der Spitze und sorgte in der Heimatregi­on seines Teams Direct Energie für großen Jubel.

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FOTO: REUTERS Weltmeiste­r Peter Sagan bejubelt seinen Sieg im Sprint der zweiten Etappe der Tour de France.

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