Im Einsatz gegen schlechte Ernährung
Übergewicht bei Kindern ist noch immer ein großes Problem. Mit der Initiative „SMS“möchte das Deutsche DiabetesZentrum Kinder spielerisch für die Themen Ernährung und Bewegung sensibilisieren.
Gespannt blicken die Schüler der Mosaikschule auf Bäckermeister Johannes Dackweiler, der ihnen erklärt, wie aus dem Vollkorn-Hefeteig später das fertige Gebäck wird. Denn wenige Momente später dürfen sie selbst Hand anlegen und sich als Bäckermeister probieren. Gesunde Ernährung lässt sich nicht nur an Schultafeln vermitteln, sondern muss erlebt werden. Das ist der Ansatz der SMS-Initiative des Deutschen Diabetes-Zentrums (DDZ), mit dem Kinder für gesunde Ernährung und Bewegung sensibilisiert werden sollen.
Übergewicht ist ein großes Problem unter Kindern und Jugendlichen. Jedes zehnte Kind ist bei seiner Einschulung zu dick, beim Wechsel auf die weiterführende Schule gilt das bereits für jedes fünfte. „Die Zeit in der Grundschule ist sehr prägend für die körperliche Entwicklung der Kinder“, sagt Karsten Müssig vom DDZ. Ein Grund dafür sei der mit der Einschulung verbundene Rückgang an körperlicher Bewegung.
Aus diesem Grund hat das DDZ vor einigen Jahren das Projekt SMS ins Leben gerufen. Das beinhaltet einerseits Sportangebote für Kinder, um ihnen Freude an Bewegung zu vermitteln. Andererseits geht es um eine ausgewogene und gesunde Ernährung. Dabei liegt aber auch immer ein Fokus auf praktisches Teilen.„Wir können den Kindern nicht nur mit Gesundheit kommen, es muss ihnen auch Spaß machen“, sagt Müssig. Deshalb bereiten die Kinder beispielsweise gemeinsam eine kleine Mahlzeit im Unterricht vor. Darüber hinaus finden regelmäßig praktische Unterrichtseinhei- ten an außerschulischen Lernorten statt. So auch im Fall der Mosaikschule, die die Hercules-Bäckerei in Derendorf besucht. Im Gegensatz zu den Regelschulen sind die Schüler dieser Förderschule bei der Teilnahme an dem Programm schon ein wenig älter. In der Bäckerei lernen die Schüler, warum Vollkornbrot gesünder als helles Brot ist und wie der Arbeitsalltag in einer Bäckerei aussieht.
Im Schnitt eine Klasse pro Monat lädt Bäckermeister Johannes Da-
ckweiler in seinen Betrieb ein. Das kostet zwar Zeit und Arbeitskraft, doch für Dackweiler ist das Projekt eine Herzensangelegenheit. „Die Schüler bekommen ein anderes Verständnis für Backwaren, wenn sie selbst einmal Teig in der Hand gehabt haben“, sagt er.
Praktisches Lernen steht deshalb bei dem Besuch in der Backstube für die Schüler im Vordergrund. Dabei dürfen sie ihr eigenes Gebäck aus Vollkorn-Hefeteig kneten. Das weckt in den Schülern mit- unter ungeahnte Kreativität. So bastelt der 17-jährige Julian aus seinem Teig die Kultfiguren Tom und Jerry. Insgesamt macht der Tag dem Jungen viel Spaß – und zeigt auch seine Wirkung. Durch die Teilnahme am SMS-Programm setzt sich der Junge nun stärker mit gesunder Ernährung auseinander.„Ich esse zu Hause immer Brot mit Körnern, das schmeckt am besten“, sagt er.
Dem kommt entgegen, dass die Mosaikschule durch regelmäßigen Hauswirtschaftsunterricht ohnehin großen Wert auf eine gesunde Ernährung legt. Von dem SMS-Projekt sind Lehrer und Sozialarbeiter begeistert. Auch wenn Sozialarbeiterin Gabriele Lüke noch ein Problem sieht: „Die Eltern müssen ins Boot geholt werden“, sagt sie. Denn solange zu Hause noch immer Pommes und Cola auf den Tisch kommen, kann das Essverhalten der Kinder nicht dauerhaft geändert werden. Ein Problem, das auch Karsten Müssig bekannt ist. „Wir müssen versuchen, auch stärker die Eltern mit Informationen zu erreichen“, sagt er. Dazu plant er unter anderem Informationsbroschüren in verschiedenen Sprachen für Mütter und Väter mit Migrationshintergrund zu erstellen.