Rheinische Post

Im Einsatz gegen schlechte Ernährung

Übergewich­t bei Kindern ist noch immer ein großes Problem. Mit der Initiative „SMS“möchte das Deutsche DiabetesZe­ntrum Kinder spielerisc­h für die Themen Ernährung und Bewegung sensibilis­ieren.

- VON DANIEL SCHRADER

Gespannt blicken die Schüler der Mosaikschu­le auf Bäckermeis­ter Johannes Dackweiler, der ihnen erklärt, wie aus dem Vollkorn-Hefeteig später das fertige Gebäck wird. Denn wenige Momente später dürfen sie selbst Hand anlegen und sich als Bäckermeis­ter probieren. Gesunde Ernährung lässt sich nicht nur an Schultafel­n vermitteln, sondern muss erlebt werden. Das ist der Ansatz der SMS-Initiative des Deutschen Diabetes-Zentrums (DDZ), mit dem Kinder für gesunde Ernährung und Bewegung sensibilis­iert werden sollen.

Übergewich­t ist ein großes Problem unter Kindern und Jugendlich­en. Jedes zehnte Kind ist bei seiner Einschulun­g zu dick, beim Wechsel auf die weiterführ­ende Schule gilt das bereits für jedes fünfte. „Die Zeit in der Grundschul­e ist sehr prägend für die körperlich­e Entwicklun­g der Kinder“, sagt Karsten Müssig vom DDZ. Ein Grund dafür sei der mit der Einschulun­g verbundene Rückgang an körperlich­er Bewegung.

Aus diesem Grund hat das DDZ vor einigen Jahren das Projekt SMS ins Leben gerufen. Das beinhaltet einerseits Sportangeb­ote für Kinder, um ihnen Freude an Bewegung zu vermitteln. Anderersei­ts geht es um eine ausgewogen­e und gesunde Ernährung. Dabei liegt aber auch immer ein Fokus auf praktische­s Teilen.„Wir können den Kindern nicht nur mit Gesundheit kommen, es muss ihnen auch Spaß machen“, sagt Müssig. Deshalb bereiten die Kinder beispielsw­eise gemeinsam eine kleine Mahlzeit im Unterricht vor. Darüber hinaus finden regelmäßig praktische Unterricht­seinhei- ten an außerschul­ischen Lernorten statt. So auch im Fall der Mosaikschu­le, die die Hercules-Bäckerei in Derendorf besucht. Im Gegensatz zu den Regelschul­en sind die Schüler dieser Förderschu­le bei der Teilnahme an dem Programm schon ein wenig älter. In der Bäckerei lernen die Schüler, warum Vollkornbr­ot gesünder als helles Brot ist und wie der Arbeitsall­tag in einer Bäckerei aussieht.

Im Schnitt eine Klasse pro Monat lädt Bäckermeis­ter Johannes Da-

ckweiler in seinen Betrieb ein. Das kostet zwar Zeit und Arbeitskra­ft, doch für Dackweiler ist das Projekt eine Herzensang­elegenheit. „Die Schüler bekommen ein anderes Verständni­s für Backwaren, wenn sie selbst einmal Teig in der Hand gehabt haben“, sagt er.

Praktische­s Lernen steht deshalb bei dem Besuch in der Backstube für die Schüler im Vordergrun­d. Dabei dürfen sie ihr eigenes Gebäck aus Vollkorn-Hefeteig kneten. Das weckt in den Schülern mit- unter ungeahnte Kreativitä­t. So bastelt der 17-jährige Julian aus seinem Teig die Kultfigure­n Tom und Jerry. Insgesamt macht der Tag dem Jungen viel Spaß – und zeigt auch seine Wirkung. Durch die Teilnahme am SMS-Programm setzt sich der Junge nun stärker mit gesunder Ernährung auseinande­r.„Ich esse zu Hause immer Brot mit Körnern, das schmeckt am besten“, sagt er.

Dem kommt entgegen, dass die Mosaikschu­le durch regelmäßig­en Hauswirtsc­haftsunter­richt ohnehin großen Wert auf eine gesunde Ernährung legt. Von dem SMS-Projekt sind Lehrer und Sozialarbe­iter begeistert. Auch wenn Sozialarbe­iterin Gabriele Lüke noch ein Problem sieht: „Die Eltern müssen ins Boot geholt werden“, sagt sie. Denn solange zu Hause noch immer Pommes und Cola auf den Tisch kommen, kann das Essverhalt­en der Kinder nicht dauerhaft geändert werden. Ein Problem, das auch Karsten Müssig bekannt ist. „Wir müssen versuchen, auch stärker die Eltern mit Informatio­nen zu erreichen“, sagt er. Dazu plant er unter anderem Informatio­nsbroschür­en in verschiede­nen Sprachen für Mütter und Väter mit Migrations­hintergrun­d zu erstellen.

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RP-FOTO: ANNE ORTHEN Johannes Dackweiler (Mitte) erklärt den Kindern alles zum Formen von Teig. Julian (17, l.) probiert, eine Maus zu formen.

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