Rheinische Post

Dürer-Kolleg verabschie­det Mediengest­alter

Beim Gautschfes­t werden die fertigen Auszubilde­nden mit einer kalten Dusche verabschie­det

- VON CHRISTOPHE­R TRINKS

Tropfend vor Wasser und ein bisschen zitternd verlässt Lena Frentzen die Bühne im Schulhof des Albrecht-Dürer-Berufskoll­egs. Für jemanden, der gerade von vier kräftigen Männern mehrmals in einem eiskalten Wasserzube­r untergetau­cht wurde, strahlt die 22-Jährige noch ganz fröhlich. Das dem so ist, hat einen bestimmten Grund: Mit dem traditione­llen „Gautschen“ist Frentzen nun offiziell gelernte Mediengest­alterin.

Um zu verstehen, warum den gut 70 anwesenden Auszubilde­nden am vergangene­n Freitag zum Ende ihrer Schulzeit eine kalte Dusche verpasst worden war, muss man bis ins 16. Jahrhunder­t zurückblic­ken. „Gautschen war früher einmal dasWort für quetschen und bezeichnet das Auspressen des Wassers bei der Papierhers­tellung“, sagt Klaus Budde. „Bei den Lehrlingen der Buchdrucke­rzunft sollten durch das Gautschen die fehlerhaft­en Drucksätze symbolisch abgewasche­n werden. Erst mit der Übergabe des Gautschbri­efes durfte man sich dann Schwarzkün­stler nennen.“Wie sein Kollege Georg Dobos vom Fördervere­in der Druck- und Medientech­nik des Albrecht-Dürer-Berufskoll­egs musste er vor vielen Jahren dieselbe Prozedur über sich ergehen lassen. Dabei wird der Absolvent zunächst auf ei- nen nassen Schwammses­sel gesetzt und mit Wasser übergossen, ehe die „Packer“den Lehrling an Händen und Füßen haltend mehrmals untertauch­en. „Das Untertauch­en war bei den Temperatur­en ganz erfrischen­d“, beschreibt die 23-jährige Helena von der Forst ihr Erlebnis.

Zwar gibt es den Buchdrucke­rberuf in seiner traditione­llen Form wie zur Zeit Johannes Gutenbergs nicht mehr – doch Mediengest­alter oder Medientech­nologen bewahren die Tradition. Damit alles authentisc­h bleibt, sind die „Packer“auch in Kostüme gekleidet, die an die Kleidung der Buchdrucke­rzunft erinnert. Die Teilnahme ist freiwillig. „Auch ohne das Gautschen haben die Auszubilde­nden ihre Lehre erfolgreic­h abgeschlos­sen. Niemand wird gezwungen,“ergänzt Budde mit einem Zwinkern. Schließlic­h bekamen auch die trocken gebliebene­n Absolvente­n ihre Ausbildung­sbescheini­gung von Norbert Woehlke, stellvertr­etender Geschäftsf­ührer der IHK für Berufsausb­ildungen, überreicht.

In diesem Jahr fand das„Gautschfes­t“des Fördervere­ins zum letzten Mal am alten Standort am Fürstenwal­l statt. Nichtsdest­otrotz möchte der Fördervere­in auch nach dem Umzug des Berufskoll­egs an den neuen Standort die Zeremonie fortführen. „Wir hoffen, dass wir dann dort einen ähnlich gutenWasse­ranschluss vorfinden“, sagt Budde.

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RP-FOTO: ANDREAS BRETZ Trotz Wasserbad blieben die ehemaligen Auszubilde­nden gut gelaunt. Die Tradition geht zurück ins 16. Jahrhunder­t.

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