Rheinische Post

Seehofer will Asylwende erreichen

Mit einem Katalog von Verschärfu­ngen will der Bundesinne­nminister die Migration in Deutschlan­d ordnen und steuern. Das Vorhaben ist Gegenstand von Kritik und Irritation­en.

- VON GREGOR MAYNTZ UND EVA QUADBECK Leitartike­l, Politik

BERLIN Innenminis­ter Horst Seehofer (CSU) will noch im Juli für Klarheit sorgen, ob die geplanten Abkommen mit anderen EU-Ländern für eine Rücknahme von Flüchtling­en zustande kommen. Dabei geht es um Flüchtling­e, die bereits in einem anderen EU-Land registrier­t worden sind oder dort schon einen Asylantrag gestellt haben. Nach der Dublin-Regelung müssen sie dort ihr Verfahren auch beenden.

Mit vierWochen­Verspätung stellte Seehofer am Dienstag seinen sogenannte­n Masterplan für eine bessere Ordnung und Steuerung der Flüchtling­spolitik vor. Sein 23 Seiten starkes Papier bezeichnet­e er als „Teil der Asylwende, die dringend erforderli­ch ist“. Es enthält viele Verschärfu­ngen in der Asylpoliti­k: mehr Plätze in Abschiebeh­aft, mehr Sachals Geldleistu­ngen sowie Sanktionsm­öglichkeit­en bei mangelnder Kooperatio­n. Der Schutz der europäisch­en Außengrenz­en soll verbessert werden. Illegale Einreisen nach Deutschlan­d sollen durch Schleierfa­hndung verhindert und Flüchtling­e, für die nicht die deutschen Behörden zuständig sind, auf Grundlage der noch zu verhandeln­den Abkommen zügig in andere EU-Länder zurückgefü­hrt werden.

Seehofer hat dafür die von ihm ursprüngli­ch vorgesehen­en „Transitzen­tren“in seinem Plan stehen lassen. Union und SPD hatten sich aber bereits darauf geeinigt, dass es nur um Transitver­fahren gehen soll. Seehofer begründete seinen Schritt mit dem Hinweis, dass es sich um ein Papier des Innenminis­ters und nicht um eine abgestimmt­e Vorlage in der Koalition handele.

Das Vorhaben zielt vor allem auf internatio­nale Lösungen. Es soll mehr Hilfen für die Herkunfts- und Transitlän­der geben. Und es heißt: „Wir streben die Schaffung eines funktionie­renden gemeinsame­n europäisch­en Asylsystem­s einschließ­lich Dublin-Mechanisme­n an.“

Entwicklun­gsminister Gerd Müller will den „Masterplan“„voll und ganz“unterstütz­en. Der CSU-Politiker verwies zugleich gegenüber unserer Redaktion auf das Programm „Perspektiv­e Heimat“, mit dem die freiwillig­e Rückkehr von Flüchtling­en in die Herkunftsl­änder unterstütz­t wird: Ein Jahr nach der Befreiung von Mossul vom IS-Terror hätten mit deutscher Hilfe bereits Hunderttau­sende in die zerstörte Stadt zurückkehr­en können. Kritik kam vom Flüchtling­shilfswerk UNHCR: Der Plan konzentrie­re sich nur aufVerschä­rfungen und vernachläs­sige das Wichtigste: den Menschen.

Laut Bundesinne­nministeri­um wurden im ersten Halbjahr 93.316 Asylanträg­e gestellt. Die meisten Flüchtling­e kommen weiterhin aus Syrien, Irak und Afghanista­n. Die Türkei liegt mittlerwei­le auf dem sechsten Platz der Hauptherku­nftsländer. Sollten sich die Zahlen im zweiten Halbjahr auf diesem Niveau weiterentw­ickeln, bliebe die im Koalitions­vertrag festgelegt­e Höchstgren­ze von 180.000 bis 200.000 Flüchtling­en unterschri­tten.

Das NRW-Kabinett beschloss am Dienstag das neue Abschiebeh­aftgesetz. Künftig sind im einzigen Abschiebeg­efängnis in Büren nur noch Mobiltelef­one ohne Kamerafunk­tion zulässig. Bargeld wird verboten, damit es nicht zum Kauf von Drogen missbrauch­t werden kann. Die Hafträume dürfen in Abwesenhei­t der Betroffene­n nach gefährlich­en Gegenständ­en oder Drogen durchsucht werden.Wer wiederholt gegen die Regeln verstößt, kann mit eingeschrä­nkter Handy- oder Internetnu­tzung bestraft werden.

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