Seehofer will Asylwende erreichen
Mit einem Katalog von Verschärfungen will der Bundesinnenminister die Migration in Deutschland ordnen und steuern. Das Vorhaben ist Gegenstand von Kritik und Irritationen.
BERLIN Innenminister Horst Seehofer (CSU) will noch im Juli für Klarheit sorgen, ob die geplanten Abkommen mit anderen EU-Ländern für eine Rücknahme von Flüchtlingen zustande kommen. Dabei geht es um Flüchtlinge, die bereits in einem anderen EU-Land registriert worden sind oder dort schon einen Asylantrag gestellt haben. Nach der Dublin-Regelung müssen sie dort ihr Verfahren auch beenden.
Mit vierWochenVerspätung stellte Seehofer am Dienstag seinen sogenannten Masterplan für eine bessere Ordnung und Steuerung der Flüchtlingspolitik vor. Sein 23 Seiten starkes Papier bezeichnete er als „Teil der Asylwende, die dringend erforderlich ist“. Es enthält viele Verschärfungen in der Asylpolitik: mehr Plätze in Abschiebehaft, mehr Sachals Geldleistungen sowie Sanktionsmöglichkeiten bei mangelnder Kooperation. Der Schutz der europäischen Außengrenzen soll verbessert werden. Illegale Einreisen nach Deutschland sollen durch Schleierfahndung verhindert und Flüchtlinge, für die nicht die deutschen Behörden zuständig sind, auf Grundlage der noch zu verhandelnden Abkommen zügig in andere EU-Länder zurückgeführt werden.
Seehofer hat dafür die von ihm ursprünglich vorgesehenen „Transitzentren“in seinem Plan stehen lassen. Union und SPD hatten sich aber bereits darauf geeinigt, dass es nur um Transitverfahren gehen soll. Seehofer begründete seinen Schritt mit dem Hinweis, dass es sich um ein Papier des Innenministers und nicht um eine abgestimmte Vorlage in der Koalition handele.
Das Vorhaben zielt vor allem auf internationale Lösungen. Es soll mehr Hilfen für die Herkunfts- und Transitländer geben. Und es heißt: „Wir streben die Schaffung eines funktionierenden gemeinsamen europäischen Asylsystems einschließlich Dublin-Mechanismen an.“
Entwicklungsminister Gerd Müller will den „Masterplan“„voll und ganz“unterstützen. Der CSU-Politiker verwies zugleich gegenüber unserer Redaktion auf das Programm „Perspektive Heimat“, mit dem die freiwillige Rückkehr von Flüchtlingen in die Herkunftsländer unterstützt wird: Ein Jahr nach der Befreiung von Mossul vom IS-Terror hätten mit deutscher Hilfe bereits Hunderttausende in die zerstörte Stadt zurückkehren können. Kritik kam vom Flüchtlingshilfswerk UNHCR: Der Plan konzentriere sich nur aufVerschärfungen und vernachlässige das Wichtigste: den Menschen.
Laut Bundesinnenministerium wurden im ersten Halbjahr 93.316 Asylanträge gestellt. Die meisten Flüchtlinge kommen weiterhin aus Syrien, Irak und Afghanistan. Die Türkei liegt mittlerweile auf dem sechsten Platz der Hauptherkunftsländer. Sollten sich die Zahlen im zweiten Halbjahr auf diesem Niveau weiterentwickeln, bliebe die im Koalitionsvertrag festgelegte Höchstgrenze von 180.000 bis 200.000 Flüchtlingen unterschritten.
Das NRW-Kabinett beschloss am Dienstag das neue Abschiebehaftgesetz. Künftig sind im einzigen Abschiebegefängnis in Büren nur noch Mobiltelefone ohne Kamerafunktion zulässig. Bargeld wird verboten, damit es nicht zum Kauf von Drogen missbraucht werden kann. Die Hafträume dürfen in Abwesenheit der Betroffenen nach gefährlichen Gegenständen oder Drogen durchsucht werden.Wer wiederholt gegen die Regeln verstößt, kann mit eingeschränkter Handy- oder Internetnutzung bestraft werden.