Rheinische Post

NRW schützt die Insekten nicht

Die erschrecke­nden Studien zum Insektenst­erben zeigen erstaunlic­h wenig Wirkung.

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Es gibt dieses Buch, in dem hunderte Arbeiterin­nen Blüten von Hand bestäuben, weil es keine Bienen mehr gibt. Die Szene spielt im Jahr 2098, geschriebe­n wurde „Die Geschichte der Bienen“im Jahr 2015. Dass dieser Science-Fiction gar nicht so fiktiv ist, stellte sich spätestens vor einem Jahr heraus: Im Juli 2017 wartete der Entomologi­sche Verein Krefeld mit einer erschrecke­nden Analyse zum Insektenst­erben auf: In den vergangene­n 27 Jahren ging demnach die Biomasse von fliegenden Insekten um über 75 Prozent zurück. Gesammelt wurden die Daten an 63 Standorten in Naturschut­zgebieten in NRW, Rheinland-Pfalz und Brandenbur­g. Ein Wissenscha­ftler-Team um Professor Caspar Hallmann von der Universitä­t Radboud in Nijmegen bestätigte die Zahlen wenig später. „Wir befinden uns mitten in einem Albtraum, da Insekten eine zentrale Rolle für das Funktionie­ren unserer Ökosysteme spielen“, warnte auch Johannes Steidle, Professor für Zoologie an der Universitä­t Hohenheim.

Die Ursachen für das Insektenst­erben sehen Wissenscha­ftler im Einsatz von Pestiziden, insbesonde­re von Neonicotin­oiden, in der Landwirtsc­haft, in der Monokultur intensiv bewirtscha­fteter Agrarfläch­en und in der zunehmende­n Versiegelu­ng der Landschaft. Die Europäisch­e Union hat bereits re- agiert und Neonicotin­oide im Freiland verboten.

In NRW ist es merkwürdig still um dieses Thema. Das mag zum einen daran liegen, dass die bisherige Umweltmini­sterin vorrangig mit einer anderen Tierart beschäftig­t war. Zum anderen setzt die CDU/FDP-Landesregi­erung in ihrem Koalitions­vertrag eindeutig andere Schwerpunk­te und will die Flächenver­siegelung sogar erleichter­n. Die Legislativ­e ist da weiter. Wer Insekten fängt, verletzt, tötet oder ihre Nester zerstört, muss mit einem Bußgeld bis zu 10.000 Euro rechnen.

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