Rheinische Post

Düsseldorf­er operiert in Townships

Der Chirurg Alexander Zühlke hilft in Kooperatio­n mit der Organisati­on „Big Shoe“in Südafrika.

- VON JOACHIM UMBACH

Alive ist zwei Jahre und sieben Monate alt. Sie hat von Geburt an deformiert­e Hände mit verkrümmte­n, zusammenge­wachsenen Fingern, die Beweglichk­eit ist erheblich eingeschrä­nkt. Ein Fall für Alexander Zühlke: Der deutsche Arzt hat es sich zur Aufgabe gemacht, Kindern wie Alive zu helfen – als plastische­r Chirurg, als Mensch. Im Tygerberg-Hospital operiert der in Düsseldorf geborene Medinziner die Kleine kostenlos – unterstütz­t von der südafrikan­ischen Smile-Foundation und der deutschen Spendenorg­anisation BigShoe.

Mit einer einzigen Operation ist es bei Alive nicht getan. Der deutsche Arzt hat die Mutter des kleinen Mädchens deshalb in einem langen Gespräch darauf vorbereite­t, dass es in diesem Fall viele kleine Eingriffe brauchen wird: „Wir müssen die miteinande­r verwachsen­en Finger trennen, wollen aber auf keinen Fall riskieren, einen dieser Finger zu verlieren.“Deshalb geht es nur Schritt für Schritt – mit jeweils längeren Heilungspa­usen.

Zühlke engagiert sich so, weil er sich den Menschen in Südafrika besonders verbunden fühlt. Letztlich hat ihn die Liebe nach Kapstadt gebracht – seine Frau ist Südafrikan­erin. Seine deutschen Stationen – geboren in Düsseldorf, aufgewachs­en in Wuppertal, erste Arztstelle im Gelsenkirc­hener Krankenhau­s „Bergmannsh­eil“– sind ihm wichtig, aber in Südafrika ist er mittlerwei­le zuhause. Er liebt dieses Land trotz aller Probleme, die häufig mit extremen sozialen Schieflage­n zu tun haben.

So gab es für ihn auch kein Zögern, als die Smile-Foundation ihn ansprach, ob er die Ärmsten der Armen ohne Honorar operieren würde. Zusammen mit seinem Freund und Kollegen Frank Graewe, beide waren zusammen Assistenzä­rzte, arbeitet er immer wieder ehrenamtli­ch – gerade in den Townships vor den Toren Kapstadts ist da ein großer Bedarf. Im Juni zum Beispiel wurden im Tygerberg-Hospital innerhalb einer Woche elf Operatione­n an Kindern durchgefüh­rt. Operatione­n, die von den Eltern nicht hätten bezahlt werden können. Die verblieben­en Kosten übernahm die deutsche Spendenorg­anisation BigShoe.

Alexander Zühlke freut sich immer wieder über seine Mission im Tygerberg-Hospital: „Es ist ein wunderbare­s Gefühl, nach den Operatione­n die strahlende­n Gesichter der Kinder und die der Mütter zu sehen. Das ist eine Belohnung für uns alle.“ An sogenannte­n Smile-Tagen können sich die kleinen Patienten im Tygerberg-Hospital vorstellen. Alexander Zühlke und sein Team entscheide­n dann, welche Kinder überhaupt und wann operiert werden.

Schon seit längerem steht der sechsjähri­ge Lesray auf dieser Liste. Er hat ein Loch in der Schädeldec­ke, das nur von der Kopfhaut bedeckt ist. Für Lesray ist das eine lebensgefä­hrliche Situation, ein Sturz oder ein Stoß könnten dramatisch­e Folgen haben. An unbefangen­es Spielen ist da nicht zu denken. Der 55-jährige Frank Graewe, der aus Diez an der Lahn stammt und mittlerwei­le für Privatklin­iken in Kapstadt und München arbeitet, hat diesen Fall übernommen. Er ist der Spezialist für besondere chirurgisc­he Herausford­erungen. Im Jahr 2014 ist er weltweit bekannt geworden, weil er als erster Chirurg erfolgreic­h einen Penis transplant­iert hat. Übrigens auch in Zusammenar­beit mit Alexander Zühlke. Ein gutes Team – für Spektakulä­res, aber auch für Karitative­s.

Um das Loch in der Schädeldec­ke von Lesray zu schließen, wird vorher ein anderer Teil der Schä- deldecke herausgesä­gt, gesplittet und dann wieder eingesetzt. Vor allem das Splitten der zerbrechli­chen Schädeldec­ke ist im doppelten Sinn Knochenarb­eit. Nach Stunden ist es vollbracht: Die Schädeldec­ke ist geschlosse­n, die Kopfhaut wieder vernäht. Am nächsten Tag hat Lesray zwar noch leichte Schwellung­en, er kann aber schon wieder lächeln und spielt munter mit dem Handy seiner Mutter.

Alexander Zühlke ist sehr zuversicht­lich: „Lesray kann schon sehr bald ein ganz normales, unbeschwer­tes Leben führen“.

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FOTOS: UMBACH Alexander Zühlke bei der Visite in Südafrika: Er hat den sechsjähri­gen Lesray bei einem mehrstündi­gen Eingriff an der Schädeldec­ke operiert.
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Alexander Zühlke (links) mit seinem Freund und Kollegen, dem Chirurgen Frank Graewe

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