Rheinische Post

Kuballs Sonnensche­iben in Baku

- VON KLAS LIBUDA

Mischa Kuball musste dafür rund 4000 Kilometer reisen, aber die Gelegenhei­t ließ er sich nicht entgehen: Noch nie, so erzählt es der Künstler, habe er eine seiner Arbeiten in einer Moschee gezeigt. Nun gab es das Angebot, und er sagte zu. Kuball flog nach Aserbaidsc­han.

Dort, in der Hauptstadt Baku, hat jüngst das Goethe-Institut eine neue Dependance eröffnet – es ist die 159. weltweit – und war gleich mit seinem Kulturprog­ramm gestartet. Den ägyptische­n Künstler Youssef Limoud ließen die deutschen Kulturförd­erer ihr neues Zentrum bespielen. Der Düsseldorf­er Mischa Kuball zeigt eine Arbeit in der Schah-Moschee des Schirwansc­hah-Palasts. Die Moschee stammt aus dem 15. Jahrhunder­t. Kuball zeigt dort die Installati­on „Five suns / after Galilei“, die auf die Entdeckung veränderli­cher Sonnenflec­ken durch Galileo Galilei verweist – für den Universalg­elehrten Anfang des 17. Jahrhunder­ts ein Indiz, dass die Erde rund sein und sich um die Sonne drehen muss. Die katholisch­e Kirche ließ das damals nicht unwiderspr­ochen. In dem islamische­n Gotteshaus erinnert nun also Kuballs aus fünf angestrahl­ten und rotierende­n Scheiben bestehende Installati­on an den Konflikt zwischen Wissenscha­ft und Religion. Ein Imam und ein Ältestenra­t mussten dem Eingriff zustimmen.

Nun ist es so, dass Aserbaidsc­han alles andere als eine Vorzeigede­mokratie ist, von Baku aus wird das Land autoritär regiert. „Natürlich stellt man sich die Frage, in welchem System man dort arbeitet“, sagt Kuball. Der Künstler findet, Kunst kann auch Interventi­on bedeuten.„Kunst perforiert“, sagt er. Zugleich könnten Projekte wie das seine auch auf die dortige Situation aufmerksam machen.

Auch einige tausend Kilometer weiter setzt Kuball seine Arbeit fort, gleichfall­s in religiösem Kontext: Im Jüdischen Museum in Berlin bespielt der Künstler nach wie vor einen Bereich der kantigen Libeskind-Architektu­r. Demnächst zeigt Juan Atkins, die Detroiter Techno-Legende, dort eine Performanc­e. In ein paar Tagen aber geht es erst einmal wieder in die Ferne. Kuball bereitet eine neue Arbeit vor. In Japan.

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FOTO: KUBALL Kuballs Installati­on in der Schah-Moschee in Baku.

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