Rheinische Post

Reisen mit Gottvertra­uen

Ein Segen für den langen Weg ist immer mehr als ein Schutzbrie­f.

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Das waren oft die letzten und nervigen Worte der Eltern, wenn man auf große Reise ging: Melde dich bitte, wenn du angekommen bist! Natürlich steckt in diesen Worten neben Sorge auch Fürsorge und Liebe. Dennoch fühlte man sich entmündigt. Die Bitte um Rückruf knüpft auch daran an, was man vormals Reisesegen nannte: gute Wünsche für den Aufbruch im Vertrauen an die Macht Gottes. So ein Segen ist etwas anderes als die übliche Reiseversi­cherung – mit Schutzbrie­f und kostenlose­r Rückführun­g. Segenswüns­che für den Weg haben ihren Ursprung im Pilgersege­n, also der Bitte nach Gottesbegl­eitung auf einem spirituell­en und in früheren Jahrhunder­ten oft lebensgefä­hrlichen Weg. Die Menschen haben sich dennoch aufgemacht. So etwas wie Urlaub war unbekannt und das Bedürfnis nach Entspannun­g kaum einzulösen. Wer sich von daheim aufmachte, musste schon triftige Gründe dafür haben. Neben der Glaubenssu­che war das schlichtwe­g eine Überlebens­frage. Die Suche nach fruchtbare­m Land hat nichts Idyllische­s an sich, sie ist existenzie­ll. In solchen Situatione­n wird der Segen Gottes zur Hoffnung, zum Vertrauens­beweis. „Der Herr wird seine Engel mit dir senden und Gnade zu deiner Reise geben“, heißt es in der Bibel bei Mose. Und Gott spricht: „Ich bin mit dir und will dich behüten, wo du hinziehst.“Wir alle wissen, dass das keine Garantie für Unversehrt­heiten ist. Vielmehr: Der, der sich mit Gottvertra­uen auf die Reise begibt, wird auch Gottvertra­uen schenken. Der Behütete ist stets auch Hüter.

Während die Eltern daheim den Rückruf wünschten, gab sich die Oma übrigens weitaus pragmatisc­her. Ein Lebenszeic­hen aus der Ferne hielt sie für entbehrlic­h, schließlic­h lautete ihre Lebensweis­heit: Wenn irgendetwa­s passiert, erfahren wir das früh genug.

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