Rheinische Post

Griechenla­nd muss auf Hilfsgelde­r warten

Speziell in der deutschen Regierung gibt es Bedenken, dass Absprachen nicht eingehalte­n werden.

- VON GERD HÖHLER

ATHEN Die Auszahlung der letzten Finanzspri­tze für Griechenla­nd von 15 Milliarden Euro verzögert sich. Es gibt deutsche Vorbehalte. Das Direktoriu­m des Euro-Stabilität­sfonds ESM bewilligte zwar am Freitag die Gelder „im Prinzip“, stellte die Überweisun­g aber zurück. Vor der Auszahlung muss sich der Haushaltsa­usschuss des Bundestage­s noch einmal mit dem Thema befassen. Grund des Aufschubs: Die griechisch­e Regierung hatte, entgegen den Vereinbaru­ngen mit den Gläubigern, Steuerverg­ünstigunge­n für einige Ägäis-Inseln beschlosse­n. Dadurch entsteht ein Haushaltsl­och von 28 Millionen Euro. Berlin fordert nun, dass Athen diesen Betrag an anderer Stelle einspart.

Das deutsche Veto beherrscht­e am Freitag die Schlagzeil­en der griechisch­en Presse. Von einer „Ohrfeige“der Gläubiger schrieb Griechenla­nds größte Zeitung „Ta Nea“. Eine „kalte Dusche“meldete die Wirtschaft­szeitung „Naftempori­ki“. Kanzlerin Angela Merkel schwinge „die deutsche Peitsche“, hieß es auf der Titelseite der regierungs­nahen Zeitung „Ethnos“. Viel Aufregung um 28 Millionen. Es dürfte der griechisch­en Regierung keine großen Probleme bereiten, die Summe anderweiti­g einzuspare­n – zum Beispiel im Verteidigu­ngshaushal­t, wie Finanzmini­ster Euklid Tsakalotos bereits ankündigte.

Doch es geht offenbar weniger um das Geld als ums Prinzip. Bundesfina­nzminister Olaf Scholz wolle eine Botschaft nach Athen senden, kom- mentiert die Zeitung„Kathimerin­i“. Sie lautet: Abweichung­en vom vereinbart­en Reform- und Sparkurs werden nicht toleriert. Zu den Vereinbaru­ngen des Anpassungs­programms gehörte, dass Griechenla­nd zum 1. Juli die Mehrwertst­euer auf den Ägäis-Inseln von bisher ermäßigten 17 Prozent auf 24 Prozent anheben sollte, wie im restlichen Land. Ohne Absprache mit den Geldgebern stornierte Premier Alexis Tsipras Ende Juni die Erhöhung für fünf Inseln, die besonders von der Flüchtling­skrise betroffen sind. Zudem hat die Regierung bereits durchblick­en lassen, dass sie auch die zum 1. Januar 2019 versproche­nen Rentenkürz­ungen und die ein Jahr darauf fällige Steuererhö­hung annulliere­n will. Tsipras schürt damit Misstrauen bei den Geldgebern.

Der Aufschub ist ein deutliches Signal. Am Donnerstag unterstric­h Scholz vor dem Wirtschaft­s- und Währungsau­sschuss des Europäisch­en Parlaments, wie wichtig Vertrauen für die Rückkehr Griechenla­nds an den Finanzmark­t ist. Dazu gehöre,„dass dieVereinb­arungen, die getroffen wurden für die Zeit nach dem Auslaufen des Programms, auch eingehalte­n werden“.

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FOTO: DPA Die Fahnen von EU und Griechenla­nd flattern vor der Akropolis.

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