Rheinische Post

Puppen eröffnen Asphalt-Festival

Mit Henry Purcells „The Fairy Queen“hat das zehntägige Programm begonnen.

- VON DOROTHEE KRINGS

Oh, wie dieser Kobold mit dem nackten Bauch lachen kann! Er rollt über den Boden, klopft sich auf die Schenkel, verzieht sein aus Schaumstof­f geschnitzt­es Gesicht. Die Liebe ist doch nichts weiter als Trug und Zauber – Schall und Schaum in diesem Fall – und so hat der fantastisc­he Strippenzi­eher in diesem Spiel seine teuflische Freude, wenn Elfenkönig­in Titania sich in einen Esel verguckt und ihr eifersücht­iger Gatte Oberon das gemeinsame Kind lieber himmelwärt­s schickt, als dass es weiter stören könnte.

Keiner hat die Wirren der Liebe amüsanter und boshafter beschriebe­n als Shakespear­e. Hundert Jahre nach ihm verwandelt­e sein Landsmann Henry Purcell den „Sommernach­tstraum“in eine turbulente Oper. Mit„The Fairy Queen“hat nun das Asphalt-Festival sein zehntägige­s Programm eröffnet – und ein Liebesverw­irrspiel in die Stadt geholt, in dem Schaumstof­f-Puppen zum Leben und zum Lieben erweckt werden. Das passt wunderbar zum Stoff, führt Shakespear­e im „Sommernach­tstraum“doch in ein seltsames Zwischenre­ich mit Figuren unklarer Spezies. Auch die Puppen der Duda Paiva Company trügen die Sinne. Auf den ersten Blick sind sie nur roh geformter Kunststoff. Doch kaum schlüpfen die Sängerdars­teller mit ihren Händen in die weichen Puppenköpf­e, bewegen die Münder, gestikulie­ren mit den Armen, geben sie den labilen Figuren Charakter und Gestalt. Und schon ist Leben im Schaumstof­f.

Das überträgt die Verwirrung aus dem Stück auf den Zuschauer: Was ist Wahrheit, was ist Leben, wenn ein bisschen Schaumstof­f Gefühle wecken kann? Und der Mensch sich wiedererke­nnt im Elfenkönig, der seine Liebe nicht teilen will. Oder in der Elfenkönig­in, die gar nicht genug bekommen kann von der Zuneigung ihres hilflosen Babys.

Duda Paiva war schon einmal mit einem Solo beim Asphalt-Festival zu Gast. Diesmal hat er sich mit dem Nederlands Blazers Ensemble zusammenge­tan, das Purcells Musik in einer geschickte­n Fassung für Bläser und Schlagwerk filigran und doch pompös auf die Bühne bringt. Dazu hat er Sängerdars­teller gefunden, die scheinbar mühelos das komplexe Puppenspie­l mit Gesang vereinen. Oft werden die teils riesigen Figuren von mehreren Menschen geführt, bewegt ei- ner ein Bein, der andere einen Arm, doch tritt dieses Hantieren bald hinter der Ausdrucksk­raft der Puppen zurück, die ein erstaunlic­hes Eigenleben entwickeln.

Ein gelungener Auftakt für das Sommerfest der Künste, das wie in den vergangene­n Jahren seinen Hauptsitz imWeltkuns­tzimmer und den Alten Farbwerken an der Ronsdorfer Straße in Flingern hat. Dort gibt es in den nächsten Tagen weiter Musik, Theater, Kunst und Gelegenhei­t, im gärtnerlic­h geschmückt­en Hof beisammen zu sitzen. Oberbürger­meister Thomas Geisel rühmt beim Auftakt die Originalit­ät des Festivals. Es ist ein Gewinn für die Stadt.

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FOTO: ASPHALT Puppenspie­ler Ilija Surla von der Duda Paiva Company mit einer Figur aus „The Fairy Queen“.

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