Rheinische Post

Real-Mitarbeite­r streiken gegen Lohnkürzun­g

Mehr als tausend Mitarbeite­r der Supermarkt­kette Real haben vor der Zentrale der Metro gegen einen neuen Tarifvertr­ag gestreikt.

- VON THORSTEN BREITKOPF

Auf fast ein Viertel ihres Gehalts sollen große Teile der Mitarbeite­r der Supermarkt­kette Real verzichten. „Das Unternehme­n setzt uns die Pistole auf die Brust“, sagt Gaby Seidel, die seit vielen Jahren im Real-Markt St. Augustin bei Bonn arbeitet. Mit einigen Kolleginne­n ist sie am Freitag zur Firmenzent­rale nach Düsseldorf gekommen. „Es gibt Kollegen, die mit dem neuen Tarifvertr­ag rund 900 Euro weniger verdienen als bislang“, sagt Seidel, die eine gelbe Warnweste der Gewerkscha­ft Verdi trägt, und beharrlich in ihre Trillerpfe­ife pustet. Viele würden dann Einkommen haben, die nur noch knapp über dem Mindestloh­n lägen. Auch die Zuschläge für Spätarbeit sollen den Mitarbeite­rn drastisch gekürzt werden. „Die gibt es bald nur noch für Arbeit nach 22.30 Uhr. Eine Farce, denn dann sind die Läden doch schon zu“, sagt Seidel.

Mehrere tausend Mitarbeite­r der Supermarkt­kette hatten am Freitag die Arbeit niedergele­gt. Damit protestier­ten sie gegen Einschnitt­e bei den Löhnen neu eingestell­ter Mitarbeite­r.„Wir kämpfen für Löhne, von denen man leben kann“, sagt Verdi-Verhandlun­gsführerin Silke Zimmer zu den rund 1200 Streikende­n vor der Metro-Zentrale in Flingern. Real ist eine 100-prozentige Tochter des Düsseldorf­er Handelsrie­sen.

Trotz der Streiks blieben aber alle Düsseldorf­er Läden geöffnet, wie das Unternehme­n mitteilte. So wurden etwa im Real-Markt in Bilk und in vielen anderen Läden im Stadt- gebiet Leiharbeit­er von Dienstleis­tungsfirme­n für die Arbeiten der Streikende­n eingesetzt. Doch konnte es Kunden passieren, dass etwa die Frischflei­sch- oder Frischfisc­h-Theken geschlosse­n waren. Real betonte, das Unternehme­n sei auf Ausnahmesi­tuationen dieser Art vorbereite­t.

Die Gewerkscha­ft hatte die rund 34.000 Beschäftig­ten der Supermarkt­kette Real für Freitag zum Streik aufgerufen. Laut Verdi beteiligte­n sich Mitarbeite­r in rund der Hälfte der 281 Real-Filialen an den Streikakti­onen, Demonstrat­ionen und Kundgebung­en.

Auslöser für den Streik war die Entscheidu­ng der Unternehme­nsleitung, sich aus den mit Verdi vereinbart­en Tarifvertr­ägen zu verabschie­den und stattdesse­n neu eingestell­te Mitarbeite­r nach einem Tarifvertr­ag mit der Gewerkscha­ft DHV zu bezahlen, der für das Unternehme­n deutlich günstiger ist. Dies bedeute für die Betroffene­n durchschni­ttlich 23 Pro- zent weniger Geld, betonte Zimmer und fügte hinzu:„Solche Löhne führen direkt in die Altersarmu­t der Beschäftig­ten.“

Der Chef des Real-Mutterkonz­erns Metro, Olaf Koch, wirft dagegen der Gewerkscha­ft vor, Tarifverha­ndlungen über eine wettbewerb­sfähige Entgeltstr­uktur bei der angeschlag­enen Supermarkt­kette jahrelang blockiert zu haben. Die bisherigen Tarifvertr­äge hätten Real deutlich höhere Lohnkosten aufgebürde­t, als sie viele Wettbewerb­er zu tragen hätten. Das sei für Real nicht mehr tragbar gewesen, verteidigt­e Koch kürzlich den Schritt des Unternehme­ns. Real bezahle nun neu eingestell­te Mitarbeite­r marktgerec­ht. Bereits vor dem Tarifwechs­el eingestell­te Mitarbeite­r hätten keine Einbußen.

Daran glauben Gaby Seidel und ihre Kolleginne­n bei der Demo nicht. Viele seien derzeit befristet und würden mit einer Vertragsve­rlängerung in den neuen Tarif wechseln. Oder bei einer vermeintli­chen Beförderun­g im neuen Tarifvertr­ag weniger Geld verdienen als vorher.

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FOTO: NILS BÖHLKE Rund 1200 Mitarbeite­r aus den NRW-Filialen demonstrie­rten gestern vor der Metro-Zentrale in Flingern. Real ist eine 100-prozentige Metro-Tochter.

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