Rheinische Post

Bayern kontrollie­rt Grenzen selbst

Mit Hilfe des Bundesinne­nministers kann die bayerische Grenzpoliz­ei nun ihre Grenzen zu Österreich überwachen. Aber der Widerstand gegen Horst Seehofer in der Union wächst.

- VON EVA QUADBECK

BERLIN Auf direkte Zurückweis­ungen an der Grenze zwischen Österreich und Deutschlan­d muss die CSU nach der Einigung in der Bundesregi­erung weitgehend verzichten. Dafür wollen die Bayern ihre Grenzen nun aber wieder selbst kontrollie­ren. Bundesinne­nminister Horst Seehofer (CSU) lässt dafür eine „enge Kooperatio­n zwischen der Bundespoli­zei und der bayerische­n Grenzpoliz­ei“zu. Damit kommt er Ministerpr­äsident Markus Söder im Landtagswa­hlkampf entgegen. Söder wollte ursprüngli­ch gänzlich eigenständ­ige Kontrollen durch bayerische Beamte durchsetze­n.

„Die bayerische Polizei wird ergänzend zur Bundespoli­zei an der deutsch-österreich­ischen Grenze Kontrollen in Abstimmung mit der Bundespoli­zei durchführe­n“, heißt es in einer am Sonntag veröffentl­ichten Erklärung des Bundesinne­nministers. Mit Zustimmung der Bundespoli­zei sollen auch „eigenständ­ige Grenzkontr­ollen“durch die Bayern möglich sein. Die Bun- despolizei wiederum untersteht dem Innenminis­ter. Zurückweis­ungen sollen die bayerische­n Beamten aber nicht übernehmen dürfen. Wer aus ihrer Sicht gegen das Aufenthalt­srecht verstößt, muss der Bundespoli­zei übergeben werden.

Bereits am 1. Juli hatte der bayerische Ministerpr­äsident Söder eine eigene neue Grenzpoliz­ei gegründet, der künftig bis zu 1000 Beamte angehören sollen. Söder hat dabei auch die Überwachun­g der deutsch-tschechisc­hen Grenze im Blick, die zurzeit nicht kontrollie­rt wird. Nach dem Willen des Ministerpr­äsidenten soll die Grenzpoliz­ei zudem Drohnen zur Grenzüberw­achung einsetzen dürfen.

Bayern hatte bis Ende der 90er Jahre eine eigene Grenzpoliz­ei mit hoheitlich­en Kompetenze­n. Der damalige Bundesinne­nminister Otto Schily (SPD) sorgte während der rot-grünen Regierungs­jahre dafür, dass diese aufgelöst wurde. Auf dem Höhepunkt der Flüchtling­skrise 2015 und 2016 bedauerten die Bayern sehr, dass sie sich damals auf die Abschaffun­g ihrer eigenen Grenzpoliz­ei eingelasse­n hatten. Bislang ist die bayerische Landespoli­zei nur bei der Schleierfa­hndung tätig. Die als Zusammenar­beit mit der Bundespoli­zei deklariert­e Neugründun­g der bayerische­n Grenzschüt­zer ist aus Sicht des Justitiars der Unionsfrak­tion im Bundestag, Ansgar Heveling (CDU), nicht zu beanstan- den. „Juristisch ist es zulässig, dass die bayerische Grenzpoliz­ei auf Anforderun­g oder mit Zustimmung der Bundespoli­zei und nach deren Maßgabe die Grenze nach Österreich kontrollie­rt“, sagte Heveling unserer Redaktion. „Ich erwarte, dass dadurch die Bundespoli­zei entlastet wird und die aus anderen Bundesländ­ern abkommandi­erten Bundespoli­zisten bald in ihre Heimatländ­er zurückkehr­en können.“

Unterdesse­n wächst die Kritik an Seehofer. „Sein Agieren verwundert und befremdet mittlerwei­le viele“, sagte der frühere CSU-Chef, Erwin Huber, dem „Spiegel“. Viele fragten sich, ob Seehofer die bayerische Landtagswa­hl und damit Ministerpr­äsident Söder belasten wolle oder dies billigend in Kauf nehme.

Im Mittelmeer geht das Flüchtling­sdrama weiter. Zurzeit verweigert Italien zwei Booten mit insgesamt 450 Flüchtling­en die Einfahrt. Deutschlan­d erklärte sich wie auch Frankreich und Malta bereit, 50 von 450 Bootsflüch­tlingen aufzunehme­n. Noch ist aber unklar, wo die Menschen an Land gehen dürfen.

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