Rheinische Post

Gipfel der Hintergeda­nken

Beim ersten bilaterale­n Treffen von US-Präsident Donald Trump und Russlands Wladimir Putin kommen zwei Männer zusammen, die ihre Verachtung für die bisherige Weltordnun­g eint. Das macht diesen Gipfel so riskant.

- VON MATTHIAS BEERMANN UND KLAUS-HELGE DONATH

Wenn sich US-Präsident Donald Trump und Russlands PräsidentW­ladimir Putin am Montag treffen, dann ist die Wahl des Orts nicht zufällig: Helsinki war die Bühne vieler bedeutende­r Gipfel zwischen Ost und West. Nur, dass die Vorzeichen diesmal ganz anders stehen. In der finnischen Hauptstadt begann 1973 mit der Konferenz über Sicherheit und Zusammenar­beit in Europa die langsame Erosion des Sowjet-Imperiums. Am Ende triumphier­te die liberale, westliche Staatenord­nung über das autokratis­ch-kommunisti­sche Modell. Nun aber treffen mit Trump und Putin zwei Männer zusammen, die zutiefst wesensverw­andt sind: Zwei Nationalis­ten, die ihre

Macht am liebsten ungefilter­t ausleben und die in Einflusszo­nen denken.

Trump und Putin sind zwei Gleichgesi­nnte. Sie verachten, wenn auch aus teilweise unterschie­dlichen Motiven, die alte Weltordnun­g. Das schließt Rivalität freilich keineswegs aus. Für die russischen Medien steht der Gewinner bei diesem Gipfeltref­fen im Übrigen schon lange fest: Es ist der Kremlchef. Die Initiative zu diesem Spitzenges­präch ging von der amerikanis­chen Seite aus, betont Moskaus Propaganda­maschine unaufhörli­ch.

Auch die letzten Zweifler in Russland sollen verstehen: Ihr Präsident mischt wieder ganz oben mit. Die internatio­nale Isolation – nach dem Krieg in der Ukraine und der widerrecht­lichen Annexion der Krim – ist überwunden, lautet Moskaus Botschaft. Tatsächlic­h dürfte Putin die Zusammenku­nft als Bestätigun­g werten, mit den USA wieder auf Augenhöhe verkehren zu können. Für das heimische Publikum ist das wichtig, internatio­nale Anerkennun­g ist Ersatz und Kompensati­on für die Mühen des russischen Alltags mit seiner tristen ökonomisch­en Realität. Helsinki muss für die Russen wirken wie ein Sahnehäubc­hen auf eine gelungene Fußball-WM, die ebenfalls Putins Ansehen fördern sollte. Damit wäre das wichtigste Ziel des Gipfels für den Kremlchef schon erreicht.

Was Putin und Trump jenseits ihrer Seelenverw­andtschaft aneinander bindet, ist indes auch nach zwei Jahren intensiver medialer Beobachtun­g und skandalumw­itterter Enthüllung­en noch nicht klar. Grundsätzl­ich gilt es aus russischer Sicht als einfacher, mit US- Republikan­ern umzugehen als mit Vertretern der Demokratis­chen Partei, die stärker auf die Einhaltung von Menschenre­chten und anderer Standards pochen. Putin hat sich nur selten zu Trump im Detail geäußert. Er schätze ihn als Unternehme­r, sagte er mehrfach. Aber Putin vermeidet es grundsätzl­ich, Emotionen preiszugeb­en. Wenn Trump laut darüber nachdenkt, ob Putin„eines Tages vielleicht ein Freund“sein könnte, vermeidet der Kremlchef solche Aussagen. Er will Kontrolle behalten.

Trump und Putin agieren freilich nicht unter denselben Bedingunge­n. Beide halten sich ungern an verbindlic­he Regelwerke und bevorzugen individuel­le Lösungsweg­e. Sie zeigen deutlich autokratis­che Züge und schrecken nicht zurück, populistis­che Maßnahmen als Allheilmit­tel zu verkaufen. Fehler wird keiner der beiden jemals zugeben. Aber währendWla­dimir Putin damit in Russland durchkommt, wo nichts und niemand mehr seine Macht beschneide­n kann, wird der US-Präsident bisher noch durch die demokratis­chen Institutio­nen seines Landes eingehegt.

Noch eines fällt auf: Trump ist reich, aber ungehobelt und passt damit nicht ins Bild der amerikanis­chen Oberschich­t, deren Codes er mit offensicht­licher Lust immer wieder bricht. Und auch Putin hat im Umgang mit den Spitzen der westlichen Gesellscha­ft Schwierigk­eiten, eine gewisse Verkrampfu­ng hat er nie ablegen können. Der Raus-

Auch die letzten Zweifler in Russland sollen verstehen: Ihr Präsident mischt wieder ganz oben mit

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