Rheinische Post

Die wichtigste­n Antworten zum Fall Sami A.

Er soll Leibwächte­r Osama bin Ladens gewesen sein. Dennoch will ihn ein deutsches Gericht zurückhole­n.

- VON EVA QUADBECK

BERLIN Um den abgeschobe­nen Sami A. ist ein Streit unter deutschen und tunesische­n Behörden ausgebroch­en. Das Verwaltung­sgericht Gelsenkirc­hen warf dem Bundesamt für Migration und Flüchtling­e (Bamf) sowie der Bundespoli­zei vor, dass die Abschiebun­g des mutmaßlich­en früheren Leibwächte­rs von Terrorfürs­t Osama bin Laden „grob rechtswidr­ig“gewesen sei. Es verlangt die Rückholung des Mannes. Tunesien will den Terrorverd­ächtigen vorerst aber nicht nach Deutschlan­d zurückschi­cken. Sami A. war am Freitag in einer Chartermas­chine abgeschobe­n worden.

Wie konnte es passieren, dass der Tunesier entgegen der Vorgaben des Verwaltung­sgerichts abgeschobe­n wurde? Der Streit um die Abschiebun­g schwelt seit dem 20. Juni. Sami A. wehrte sich mit insgesamt drei Verfahren gegen Ausländerb­ehörde und Bamf gegen seine Abschiebun­g. Das Gelsenkirc­hener Verwaltung­sgericht ordnete an, dass der als Gefährder eingestuft­e Mann ohne Urteil nicht abgeschobe­n werden dürfe. Nach einer Verfahrens­änderung war eine Abschiebun­g von Sami A. dann doch am Abend des 12. Juli geplant. Das Gericht weist mündlich darauf hin, dass der Tunesier nicht abgeschobe­n werden solle, verzichtet­e aber auf einen entspreche­nden Beschluss. Bevor am Morgen des 13. Juli der Beschluss einging, dass Sami A. nicht abgeschobe­n werden darf, weil ihm in Tunesien Folter und unmenschli­che Behandlung­en drohen, war der 42-Jährige schon auf demWeg nach Tunesien. Wer ist Sami A. und was wird ihm vorgeworfe­n?

Sami A. wurde 1976 in Tunesien geboren und kam 1997 fürs Studium nach Deutschlan­d, wie es auf der Internetse­ite des Gelsenkirc­hener Verwaltung­sgerichts heißt. Er soll im Jahr 2000 eine Ausbildung im Lager der Terrororga­nisation Al Kaida in Afghanista­n absolviert haben und Leibwächte­r des Terroriste­nführers Osama bin Laden gewesen sein. Zurück in Deutschlan­d soll er sich als salafistis­cher Prediger betätigt haben. Strafrecht­lich konnte Sami A. nichts nachgewies­en werden. Er ist verheirate­t und hat vier Kinder, die wie seine Ehefrau die deutsche und die tunesische Staatsbürg­erschaft besitzen.

War die Abschiebun­g eine Panne oder ein bewusster Verstoß gegen die Haltung der Justiz? Diese Frage wird Behörden und Politik noch länger beschäftig­en. Bundesinne­nminister Horst Seehofer (CSU), dem das Bamf und die Bundespoli­zei unterstell­t sind, hat sich öffentlich für die Abschiebun­g von Sami A. eingesetzt. Er soll aber erst nach der Abschiebun­g informiert worden sein. Das NRW-Justizmini­sterium verweist wiederum auf die gültige Abschiebea­ndrohung vom 11. Juli.

Wie geht es nun weiter?

Tunesien will Sami A. vorerst nicht nach Deutschlan­d zurücklass­en. Die Regierung verweist auf ihre souveräne Justiz. Sami A. ist dort bereits von Anti-Terror-Richtern vernommen worden. In Deutschlan­d wiederum ist damit zu rechnen, dass die Entscheidu­ng des Gelsenkirc­hener Verwaltung­sgericht von einer höheren Instanz überprüft wird.

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