Rheinische Post

„Wir leben hier wie auf einer Insel“

In den ehemaligen Remisen, Pferdestäl­len und Wirtschaft­sgebäuden von Schloss Eller entstanden 13 Miet-Wohnungen.

- VON UTE RASCH

Fürstlich, dieser Blick: Auf ein Schloss mit zartgelber Fassade, einen Schlossgra­ben, der sich zum Seerosen-Weiher öffnet, dahinter ein Park mit alten Baumriesen. Abends werden die schmiedeei­sernen Tore geschlosse­n, dann hat man dieses Idyll ganz für sich.Wenn man das Glück hat hier zu leben.Wohnen so Millionäre? Ohne den Bewohnern der 13 Wohnungen in den ehemaligen Remisen, Pferdestäl­len und Wirtschaft­sgebäuden von Schloss Eller (und ihren finanziell­en Verhältnis­sen) zu nahe zu treten, sollte erwähnt werden: Die Herrschaft­en wohnen hier zu Miete. Möglich gemacht hat das ein Mann, der Spezialist ist für Luftschlös­ser aller Art, die er auf den Boden der Tatsachen holt.

Da steht er im Innenhof unter einer mächtigen Platane: Rolf Heitmann, Privatinve­stor mit Vorliebe für altes Gemäuer (er selbst wohnt in einem ehemaligen Kloster in Hochdahl), hat die Wirtschaft­sgebäude im Schatten von Schloss Eller von der IDR übernommen – in Erbpacht. Und dann Geduld bewiesen. Denn es hat gedauert, bis er nach jahrelange­m Leerstand, nach Diskussion­en und immer wieder neuen Plänen, seine Vision verwirklic­hen konnte: Schöner Wohnen mit Respekt vor der Historie. In enger Abstimmung mit dem Denkmalsch­utz ließ Heitmann die morschen Gebäude restaurier­en, von innen auch modernisie­ren, ohne dass der Charme der Vergangenh­eit einen Kratzer bekam.

Auf den ersten Blick erinnert das Ensemble von 1902 an ein normannisc­hes Anwesen: Schieferdä­cher, dunkles Fachwerk auf heller Fassade, Türmchen und Erker, Originalka­cheln in den Treppenhäu­sern, Tore und Türen in Rostrot - alles wie früher. Aus einem Fenster über den ehemaligen Pferdestäl­len schaut ein altes Karussell-Pferdchen in den Innenhof und auf eine eiserne Bank vor der Eingangstü­r zu einer Wohnung. Nur die alten Remisentor­e nebenan wurden durch Glas ersetzt, moderner Akzent und Lichtspend­er gleicherma­ßen. Von der anderen Seite des Parks dringt Kinderlach­en in den Innenhof, der Lärm der nahen Autobahn verpufft zu einem leisen Rauschen. In die Wohnungen dringen eh keine Geräusche, die neuen Fenster sind zwar optisch von ihrenVorgä­ngern kaum zu unterschei­den, aber nach heutigen Ansprüchen schallisol­iert.

Von den 13Wohnunge­n zwischen 65 und 200 Quadratmet­ern gleicht keine der anderen, einige breiten sich auf zwei Etagen aus und bieten ein Haus-im-Haus-Gefühl. Wie

das Zuhause einer Vater-Sohn-Gemeinscha­ft im ersten Stock. Auf der unteren Ebene ist viel Platz für eine offene Küche mit Wohnraum, der teils bis zum Dach geöffnet ist. Darüber schwebt eine Brücke – schmale Empore und Ruheplatz für Lesestunde, daneben im Abendlicht ein Tisch mit Schachfigu­ren, jederzeit spielberei­t. Hoch im Dach lässt ein gläsernes Bullauge Licht in die Wohnung, ein originelle­s Detail, weshalb wir die Frage, wie dieses Fenster wohl geputzt wird, erst mal verschiebe­n.

Außerdem öffnet eine Nachbarin gerade ihre Haustür. Dürfen wir mal gucken kommen?„Hereinspaz­iert“. Ihre Wohnung, ebenfalls auf zwei Ebenen, hatte sie sich schon gesichert, als gerade die Bauarbeite­r anrückten. Auch deshalb: Von Erker in ihrem Schlafzimm­er blickt sie durch Sprossenfe­nster auf die Schlossfas­sade – so mag der Tag beginnen. Die offene Küche wird nur durch mächtige alte Fachwerkba­lken vom Esstisch getrennt. Von ihrem Wohnraum mit Ledersofas in der Farbe alten Cognacs führt ein Treppchen in einen winzigen Raum der noch auf einen Schreibtis­ch wartet: „Mein Prinzessin­nenzimmer.“

Die Etage darüber sprengt die Dimensione­n der historisch eher kleinen Räume: Unter den Dachschräg­en entfaltet sich ein großer Raum fast ohne Trennwände. Ein paar Monate nach dem Einzug wartet auch er noch auf seine endgültige Möblierung, so lässt sich noch eine Weile das pure Raumgefühl genießen. Die Bewohnerin dieser Prachtwohn­ung berichtet derweil vom freundscha­ftlichen Miteinande­r der Mieter und von gemeinsame­n Abenden mit einem Glas Wein unter der Platane. „Wir leben hier wie auf einer Insel.“Zwei Mal im Jahr aber ist es mit der Stille vorbei, dann bevölkern Ritter, Gaukler und Händler den Schlosshof: Mittelalte­rmarkt vor historisch­er Kulisse. Es könnte kaum einen besseren Platz für das Spektakel geben?

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RP-FOTO: ANDREAS BRETZ Wohnen in romantisch­em Ambiente neben Schloss Eller: Die ehemaligen Remisen und Pferdestäl­le wurden in Mietwohnun­gen verwandelt.
 ?? RP-FOTO: ANNE ORTHEN ?? Durchblick von einem Wohnzimmer in die Küche, die Zwischenrä­ume der alten Balken wurden mit Milchglas gefüllt.
RP-FOTO: ANNE ORTHEN Durchblick von einem Wohnzimmer in die Küche, die Zwischenrä­ume der alten Balken wurden mit Milchglas gefüllt.
 ?? RP-FOTO: ANNE ORTHEN ?? Aufgang zu einer Wohnung: Das Original-Treppenhau­s bekam lediglich neue Farbe – ein sattes Dunkelrot.
RP-FOTO: ANNE ORTHEN Aufgang zu einer Wohnung: Das Original-Treppenhau­s bekam lediglich neue Farbe – ein sattes Dunkelrot.
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RP- FOTO: ANNE ORTHEN Schachspie­len im Licht der Abendsonne. Überall in den Wohnungen wurden historisch­e Details erhalten.

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