Rheinische Post

Attacke gegen Kippa-Träger

Der Staatsschu­tz ermittelt. Die Jüdische Gemeinde zeigt sich entsetzt.

- VON NICOLE LANGE

Nach einem Angriff auf einen Jugendlich­en ermittelt der Staatsschu­tz der Polizei. Die Jüdische Gemeinde zeigt sich entsetzt.

Nach einem Angriff auf einen Jugendlich­en mit einer Kippa in der Altstadt ermittelt der Staatsschu­tz der Polizei. Man gehe von einer antisemiti­schen Straftat aus, hieß es. Der 17-Jährige, der einen Anstecker mit israelisch­er Flagge und eine Kippa trug, war am Freitagabe­nd in Höhe der Neustraße aus einer Gruppe von rund zehn Personen heraus beleidigt worden. Einer der Männer habe ihn so heftig angerempel­t, dass er Schmerzen hatte. Die Tatverdäch­tigen sollen 18 bis 23 Jahre alt sein und schwarze Haare und schwarze Bärte gehabt haben, einige trugen weiße T-Shirts. Der 17-Jährige beschreibt sie als südländisc­h bzw. nordafrika­nisch aussehend.

Der Jugendlich­e hatte etwa eine Stunde nach demVorfall eine Streife der Polizei getroffen und den Beam- ten von dem Vorfall berichtet. Diese hätten daraufhin eine Anzeige gefertigt. Nähere Hinweise zu den Tätern gibt es noch nicht. „Wir stehen am Anfang der Ermittlung­en“, sagte Polizeispr­echerin Susanna Heusgen. Der 17-Jährige, der in Ratingen lebt, werde nochmals detaillier­t zu dem Fall befragt. Zudem werte man eventuell vorhandene­s Videomater­ial aus. In der Altstadt gibt es fest installier­te Kameras, etwa nahe des Tatorts am Bolker Stern.

Bei der Jüdischen Gemeinde in Düsseldorf zeigte man sich entsetzt über das Geschehen. „Ich habe lange gesagt, wir sind in Düsseldorf auf einer Insel der Glückselig­en, und dass es hier keinen Stadtteil gibt, in den man nicht mit einer Kippa gehen könnte“, sagte deren Direktor Michael Szentei-Heise: „Das ziehe ich jetzt zurück.“Er gehe davon aus, dass solche Taten eher selten von Flüchtling­en ausgingen – sondern eher von Muslimen, die hier schon länger leben: „Aber sie fühlen sich durch die gewachsene Zahl von Muslimen stärker.“

Der Geschäftsf­ührer des Landesverb­ands Nordrhein der Jüdischen Gemeinden, Wilfried Johnen, sagte, solche Vorfälle machten den Juden das Leben hier nicht einfach. „Wir haben hier viele Menschen aus dem Nahen Osten, die sozialisie­rt sind mit einem Hass auf Israel.“Ihn erschütter­e, dass zu wenig getan werde – die Ernennung von Antisemiti­smus-Beauftragt­en sei nicht genug. Auch die Medien müssten bei ihrer Berichters­tattung etwa über den Nahost-Konflikt darauf achten, kein Klima zu schaffen, das solche Vorfälle begünstige.

Hinweise nimmt der Staatsschu­tz der Polizei unter 8700 entgegen.

Als Hanna Röhlinger vor über einem Jahr für den Masterstud­iengang Medienkult­uranalyse an die Heinrich-Heine-Universitä­t gelang, war sie zunächst enttäuscht. Jedoch bezog sich diese Enttäuschu­ng nicht auf den Campus oder die Stadt. Enttäuscht war Röhlinger viel mehr vom studentisc­hen Zusammenle­ben, welches sie während ihres Bachelor-Studiums in Siegen als gemeinscha­ftlicher in Erinnerung hatte. „Anfangs weiß man als Neuling in der Stadt gar nicht, wo man hingehen kann oder was es hier alles für coole Veranstalt­ungen in der Stadt gibt“, sagt die 26-Jährige. Das liege vor allem an dem Ruf, der Düsseldorf als Pendleruni­versität abstempele.„Wenn der Großteil gar nicht in der Stadt oder in der Nähe des Campus wohnt, kommt eben keine studentisc­he Gemeinscha­ft zustande.

Einigen Kommiliton­en, die aus anderen Teilen Deutschlan­ds nach Düsseldorf gezogen waren, ging es ebenfalls so. Zwar gibt es mit dem Hochschulr­adio bereits eine studentisc­he Plattform, die über Events und Campus-Neuigkeite­n informiert – Röhlinger und ihre Kommiliton­en waren sich aber einig, dass so etwas auch in visueller Form geben sollte. Passend dazu sah ihr Studienver­laufsplan ohnehin die Gründung eines Teamprojek­ts vor. Inzwischen feiert „CampusTV“sein einjährige­s Bestehen. Drei Folgen sind bereits erschienen.

„Ein Fernseh-Magazin von Studenten für Studenten mit Themen rund um das Studenten-Leben, oder

was junge Menschen in Düsseldorf sonst so interessie­rt“, erklärt Röhlinger. Dabei sind die Themen nicht zentriert auf die Heine-Universitä­t, sondern umfassen alle Hochschule­n Düsseldorf­s. Jede Folge besteht aus mehreren kleinen Beiträgen, die entweder über vergangene Events wie das Campus-Filmfest und den jährlichen Rundgang in der Kunstakade­mie berichten, oder aktuelle Themen näher beleuchten. Ergänzt werden die 20-minütigen Folgen schließlic­h noch durch die kleine Rubrik „Ich hab keine Zeit für..“, welche meist parodieren­de Zusammenfa­ssungen von klassisch-studentisc­hen Lernwerken wie Effi Briest darstellen.

Dass die Aufnahmen und der Schnitt schon so profession­ell wirken, kommt dabei nicht von ungefähr. Das Hochschulr­adio nahm ihre neuen Kollegen unter die Fittiche und unterstütz­e sie mit Ausrüstung und Tipps für die redaktione­lle Arbeit. Zudem konnten die Meisten von Röhlingers Kollegen bereits Praktika in verschiede­nen Medienanst­alten sammeln. Einer der Gründungsm­itglieder ist sogar schon ausgebilde­ter Kameramann.

Die Gründer von„CampusTV“gehören damit aber eher zu den Ausnahmen ihres Studiengan­ges.„Viele geisteswis­senschaftl­iche Studiengän­ge beinhalten viel zu wenig praktische Elemente. Die braucht man aber oft als Vorerfahru­ng, um in die Medienbran­che zu kommen“, sagt Julia Koch. „CampusTV“bieten dabei genau wie das Hochschulr­adio eine Möglichkei­t, diese Referenzen zu sammeln.

Nicht nur für Claudia Karmann, die einen Medienberu­f ergreifen möchte, sind diese Erfahrunge­n wichtig. „Am Anfang habe ich noch so viele Fehler gemacht, weil ich einfach nervös vor der Kamera wurde. Das passiert mir inzwischen nicht mehr“, sagt die 20-Jährige.

Durch die vielen, mehrstündi­gen Redaktions­sitzungen während der Freizeit fanden die Studenten aber auch etwas, was sie zuvor noch vermisst hatten.„Wenn man sich so oft trifft, wächst man schnell als Gemeinscha­ft zusammen und schließt Freundscha­ften“, erklärt Röhlinger. Wenn sie im Laufe des Jahres nun ihren Master beendet, macht sie sich keine Sorgen um den Fortbestan­d der Sendung. Was einst als universitä­res Projekt begann, ist für viele Redaktions­mitglieder eine Herzensang­elegenheit geworden.

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RP-FOTO: ANNE ORTHEN Die Macherinne­n von Campus TV: Julia Koch (v.l. , Claudia Karmann, Hannah Röhlinger.

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