Europäer und Chinesen rücken gegen USA zusammen
Im Schatten des Handelsstreits kündigt China die Öffnung seiner Märkte an. Die Europäer drängen auf besseren Technologie-Schutz.
PEKING (dpa) Der Handelskonflikt mit US-Präsident Donald Trump veranlasst die Europäische Union und China zu einer engeren Kooperation. Auf ihrem 20. EU-China-Gipfel am Montag machten beide Seiten selbst in festgefahrenen Handelsfragen Fortschritte. Erstmals seit drei Jahren gab es auch Einigkeit über eine gemeinsame Erklärung am Ende des Gipfels, die die „strategische Partnerschaft“bekräftigte. „In der heutigen Welt ist diese Partnerschaft wichtiger als je zuvor“, sagte EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker.
Beide Seiten kamen überein, den seit vier Jahren stockenden Verhandlungen über ein Investitionsschutzabkommen neuen Schwung zu geben. Auch wurde eine Arbeits- gruppe vereinbart, um eine Reform derWelthandelsorganisation (WTO) voranzubringen. „Die EU und China sind zwei Kräfte der Stabilität“, sagte Chinas Premier Li Keqiang nach den Gesprächen mit Juncker und EU-Ratspräsident Donald Tusk. Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping empfing Tusk und Juncker am Abend.
Wegen des großen Handelsdefizits der USA zieht Trump gerade mit Strafzöllen gegen die EU, China, aber auch Japan, Kanada oder Mexiko zu Felde. Nach einem ersten Aufschlag mit 25-prozentigen Strafzöllen auf Importe aus China im Wert von 34 Milliarden US-Dollar sollen diesen Monat weitere auf Einfuhren von 16 Milliarden folgen.
PEKING US-Präsident Donald Trump saß heimlich am Montag mit am Pekinger Verhandlungstisch, obwohl er doch in Helsinki war. Seine Drohungen mit einem Handelskrieg gegen China bewogen Premier Li Keqiang, um Brüssel zu werben. Er bot den zum EU-China-Gipfel nach Peking angereisten Ratspräsidenten Donald Tusk und Kommissionschef Jean-Claude Juncker enge Zusammenarbeit bei der Reform der Welthandelsorganisation (WTO) an. Li versprach zugleich sein Land stärker zu reformieren. Peking hoffe „unter den derzeitigen internationalen Umständen“gemeinsam mit der EU den Freihandel zu bewahren und die Weltwirtschaft vor Stagnation zu schützen. „China und Europa sind zwei Kräfte zum Erhalt der Stabilität.“
Peking buhlt um Europa, denn es spürt Vorboten einer Krise. Seine Währung Renminbi fiel gegen- über dem Dollar, der Aktienindex in Shanghai brach um mehr als 20 Prozent ein. Das alles ließ Premier Li auf seiner Pressekonferenz in der Großen Halle des Volkes fast zurückhaltend erscheinen, wenn es um Kritik an Trump ging.„Der China EU-Gipfel richtet sich gegen keine dritte Partei und wird auch nicht von einem Drittland beeinflusst“, betonte Li.
Das sah EU-Präsident Tusk anders. „Wir sind uns alle bewusst, dass sich die Architektur der Welt vor unseren Augen verändert.“Es sei Pflicht für Europa und China ebenso wie für USA und Russland, die Wirtschaftsordnung nicht zu zerstören, sondern sie zu verbessern. Sie sollten nicht Handelskriege beginnen, sondern die Regeln reformieren.
Li betonte, man verbiete den Zwangstransfer von Technologie, also den Diebstahl von geistigem Eigentum. Er werde dafür sorgen, dass die Beschuldigten streng bestraft werden. China werde seine Märkte für Auslandskapital weiter öffnen. Als Beispiele nannte er das Chemieunternehmen BASF, das einen Verbundstandort in Südchina baut, und den Autobauer BMW, der die Mehrheit bei einem Joint Venture in Shenyang kaufen darf. Juncker hörte das gerne: Nur wenn China seinen Markt wirklich öffne, werde es Investitionen aus der EU anziehen können. 2017 fielen die Investitionen auf unter sechs Milliarden Euro, während Chinas Investoren Anlagen für 30 Milliarden Euro in Europa kauften.
Zum Auftakt des Gipfels erschien die englischsprachige China Daily mit der Nachricht: „Mehr Bereiche für Investoren offen.“Das Blatt kündigte an, dass Chinas Negativliste für Investoren verkürzt werden soll. Die Liste regelt, welche Bereiche der Wirtschaft für Auslandsinvestoren gesperrt sind. Die Zahl der gesperrten Bereiche wurde von 63 auf 48 reduziert. Das seien aber immer noch zu viele, kritisieren die Auslandskammern.
Als Zeichen der Reformbereitschaft druckte das Parteiblatt „Global Times“erstmals einen Gastbeitrag des Pekinger EU-Botschafter Hans Dietmar Schweisgut. Er bescheibt die Agenda des EU-Gipfel, von Marktreformen bis zu Menschenrechten. Vergangene Woche übergaben EU-Vertreter beim Menschenrechtsdialog den chinesischen Behörden eine Liste mit Namen von 30 Bürgerrechtlern, Anwälten und anderen Verfolgten mit der Bitte um Aufklärung. Darunter ist auch der von der Staatssicherheit verschleppte Buchhändler Gui Minhai, der schwedischer Staatsangehöriger ist.
Peking hofft auf eine Investitionsschutzvereinbarung mit der EU, die wiederum Voraussetzung für ein Freihandelsabkommen ist. Die Europäische Union will mit China, ihr zweitgrößter Markt, gemeinsam die bisher bestehende Wirtschaftsordnung erhalten.