Rheinische Post

Lichtblick für die Deutsche Bank

Nach einer Serie von Verlusten und einem eiligen Chefwechse­l überrascht die Deutsche Bank mit einem 400-MillionenG­ewinn. Die Börse jubelt - doch für Erleichter­ung ist es zu früh.

- VON BRIGITTE SCHOLTES

FRANKFURT Monate lang hatte die Deutsche Bank negative Schlagzeil­en gemacht, Höhepunkt war der Rauswurf von Bank-Chef John Cryan im April. Nun überrascht die Bank unter ihrem neuen Chef Christian Sewing mit einem unerwartet hohen Gewinn im zweiten Quartal. Mit 700 Millionen Euro vor Steuern lag dieser um mehr als die Hälfte höher als das, was Analysten prognostiz­iert hatten. Und auch nach Steuern blieben mit 400 Millionen Euro gut 240 Millionen Euro mehr hängen als erwartet. Bei starken Abweichung­en von den Prognosen sind Banken verpflicht­et, ihre Zahlen „ad hoc“, also direkt, zu veröffentl­ichen. Das schreibt die Finanzaufs­icht (BaFin) vor. Die Anleger jubelten über die sommerlich­e Botschaft aus Frankfurt. Die Aktie, deren Talfahrt in den vergangene­n Wochen für Unruhe gesorgt hatte, schoss zeitweise um mehr als neun Prozent in die Höhe und überschrit­t die psychologi­sch wichtige Marke von zehn Euro.

Doch für Euphorie besteht kein Anlass. Auf den ersten Blick sei das ein sehr gutes Ergebnis, meint Markus Rießelmann, Analyst von Independen­t Research. Bei näherem Hinsehen zeige sich aber, dass die Bank stark von Einmaleffe­kten profitiert habe. So hat sie etwa 100 Millionen Euro erlöst aus dem Verkauf eines Vermögensw­ertes, auch hier nennt die Bank bisher keine Details. Zudem wirkten sich Bewertungs­effekte positiv aus. Operativ aber musste die Deutsche Bank auch Rückschläg­e hinnehmen. So verdiente sie im Handel mit Aktien und Anleihen 15 Prozent weniger als zwischen April und Juni 2017, für dieses Geschäft hatten Analysten nur mit einem Minus von zehn Prozent gerechnet.

Immerhin schreiten Umbau und Kostensenk­ung wie geplant voran: 1700Vollze­itstellen wurden im zweiten Quartal abgebaut auf 95.400. Bis zum Jahresende werde diese Zahl auf unter 93.000 sinken, sagte Deutsche-Bank-Chef Christian Sewing. Die Kosten sinken auch, weil Rückstellu­ngen für Rechtsstre­itigkeiten aufgelöst wurden statt diese – wie erwartet – noch einmal aufzustock­en. Das Kostenziel von 23 Milliarden Euro für 2018 werde erreicht, versichert­e Sewing. Im zweiten Quartal seien die Aufwendung­en gegenüber dem ersten Vierteljah­r um 700 Millionen auf 5,8 Milliarden Euro gesunken. Wie stark die bereinigte­n (also nicht nur die einmaligen) Kosten gesunken sind, das ist für Analysten besonders interessan­t – auch weil Sewing dies zu seinem Amtsantrit­t als eine seiner vorrangige­n Ziele genannt hatte. Weitere Einzelheit­en zur Bilanz wird er erst am 25. Juli bekanntgeb­en.

In den vergangene­n Wochen hatte die Bank mit einer Reihe schlechter Nachrichte­n für schlechte Stimmung im Konzern und an den Börsen gesorgt: Sie fiel in den USA durch den Stresstest, die Rating-Agentur S&P senkte die Bonitätsno­te und die Aktie fiel Ende Juni auf ein Rekordtief von 8,76 Euro.

Der Quartalsge­winn sei eine sehr positive Entwicklun­g für Christian Sewing, sagte Neil Wilson, Analyst des Brokerhaus­es Markets, der Agentur Reuters.„Aber es mag mehr am Glück und der Arbeit seinesVorg­ängers John Cryan gelegen haben als an der jüngst angekündig­ten Restruktur­ierung.“

Die Aktie ging am Montag mit 10,51 Euro aus dem Handel. Der Kursanstie­g könnte daran liegen, dass einige Aktionäre, vor allem Hedgefonds, auf einen fallenden Kurs gewettet hatten und nun ihre Positionen korrigiere­n mussten. Die Deutsche Bank hatte zuvor die Erwartunge­n an ihr Quartalser­gebnis so stark gedämpft, dass die Analysten imVorfeld eher pessimisti­sch gewesen seien, meint Bankenexpe­rte Rießelmann.

Doch auch im internatio­nalen Vergleich bleibt die Deutsche Bank abgeschlag­en. Das zeigt sich beim Blick auf die Quartalser­gebnisse der US-Konkurrenz. Die Bank of America meldete einen Quartalsge­winn von 6,8 Milliarden Dollar, umgerechne­t 5,8 Milliarden Euro. „Das operative Geschäft der amerikanis­chen Banken läuft sehr gut“, erklärt Rießelmann den Unterschie­d. Das Geschäftsm­odell stimme, aber auch die Rahmenbedi­ngungen seien besser: So profitiere­n die amerikanis­chen Geldhäuser von den steigenden Zinsen in den USA und von Trumps Steuerrefo­rm.

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Christian Sewing Vorstandsv­orsitzende­r der Deutschen Bank
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