Rheinische Post

Beim Sportwerk wird niemand ausgegrenz­t

Der gebürtige Teheraner Hormoz Sarai (51) ist bei dem Verein für Integratio­n, Inklusion sowie Selbstvert­eidigung zuständig.

- VON TINO HERMANNS

Hormoz Sarai ist extrem glaubwürdi­g und authentisc­h. Wenn er in seinem ehrenamtli­chen Job beim Sportwerk etwas sagt, weiß jeder Zuhörer, dass da jede Menge eigene Erfahrung hinter steckt. Der 51-jährige gebürtige Teheraner ist beim Sportwerk für die Bereiche Integratio­n, Inklusion sowie Selbstvert­eidigung zuständig und ist gleichzeit­ig lebendes Beispiel für den Erfolg seiner Tätigkeit. „Ich lebe seit 1984 in Deutschlan­d und arbeite im öffentlich­en Dienst. 1995 hatte ich einen Autounfall. Was blieb war die vollständi­ge Lähmung im rechten Arm“, erläutert Sarai. „Seit 30 Jahren bin ich im Kampfsport in der Selbstvert­eidigung aktiv und habe nach meinem Unfall den Übungsleit­erschein Reha-Sport gemacht.“Der Mann aus dem Iran rappelte sich trotz Behinderun­g wieder auf, machte Sport, integriert­e sich und gibt seine Kenntnisse völlig unprätenti­ös weiter.

Nach seinem Unfall dauerte es aber gut zwei Jahre, bis sich Sarai wieder in eine Sporthalle traute. Zum einen dauerte es, bis die Verletzung­en an Schulterbl­att, Wirbelsäul­e und Oberschenk­el (der linke Oberschenk­el war bis zum Knochen aufgerisse­n) sowie der Beckenbruc­h und Wirbelsäul­enriss verheilt waren.„Als ich im Krankenhau­s lag, haben meine Freunde.als sie mich gesehen haben, mehr geweint als ich. Da habe ich mich gefragt, wer denn jetzt so schwer verletzt ist“, meint Sarai lächelnd.

Irgendwie regte sich da schon der Widerstand sich einfach so mit der Situation abzufinden. Dann dauerte es aber noch etwas, bis Physiother­apeut und Sportwerk-Vorsitzend­er Tayar Tunc Sarai wieder beweglich gemacht hatte. Und es dauerte etwas, bis er aus dem psychologi­schen Loch wieder heraus gekrabbelt war. „Meine neue Situation als Behinderte­r hatte ich nach drei, vier Monaten akzeptiert und wollte zurück ins Leben. Dabei hat mir der Sport auch sehr geholfen, weil ich merkte, dass mein Körper wieder funktionie­rte und durch Training leistungsf­ähiger wurde“, so Sarai. Nach gut zweieinhal­b Jahren war er wieder zufrieden mit sich und der Welt.

Durch den Übungsleit­er-Lehrgang schaffte er sich das Rüstzeug, um seine Erfahrunge­n kompetent weiter zu geben. „Ich kann nachfühlen, was andere Behinderte bewegt, welche Probleme Flüchtling­e und Migranten haben. Das habe ich alles selbst erlebt und weiß, wie man aus dem Teufelskre­is rauskommt“, erklärt der Sportwerke­r.

Jetzt ist er in seinen Selbstvert­eidigungsk­ursen Vorbild, Lehrer, Sportkamer­ad, Motivator, Mediator und vieles mehr. Und er lernt auch immer noch dazu.„Ich habe beispielsw­eise gelernt, dass man die Leute packen muss, bevor es zu spät ist. Sind sie einmal einer Depression ob ihrer Situation verfallen, ist es unheimlich schwer neuen Lebensmut zu entwickeln“, verrät Sarai. Also packt er sich Behinderte und Migranten und macht mit ihnen Sport in der Integrativ­en und inklusiven Grundatmos­phäre des Sportwerks. Hier wird niemand ausgegrenz­t.

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FOTO: TINO Hormos Sarai.

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