Weltstar aus Köln: Das Leben der legendären Sängerin Nico kommt ins Kino.
DÜSSELDORF Da läuft gerade dieser Film im Kino, er heißt „Nico, 1988“, und darin verkörpert die dänische Schauspielerin Trine Dyrholm die deutsche Sängerin Nico. Das Wort „verkörpert“ist mit Bedacht gewählt, sie verwandelt sich geradezu in Nico, sie singt sogar wie sie, das macht sie toll. Allerdings setzt die Produktion von Regisseurin Susanna Nicchiarelli nur die letzten beiden Lebensjahre Nicos ins Szene. Düstere Monate waren das, die 1988 mit einem tödlichen Fahrradunfall auf Ibiza endeten.
Manchmal flackern dokumentarische Aufnahmen durch den Film, da blickt man kurz auf das glamouröse Vorleben der Frau, die dem Film den Titel gibt. Wer war Nico? Geboren wurde sie als Christa Päffgen in Köln. Ihr Vater stammte aus der Brauerei-Dynastie. Die Mutter war während des Kriegs nach Berlin gegangen, sie arbeitete im KaDeWe, und als Jugendliche bekam ihre groß gewachsene Tochter dort eine Anstellung alsVorführdame. So entdeckte sie der Designer Heinz Oestergaard. Christa Päffgen war alsbald in großen Magazinen zu sehen, sie zog nach Paris und wurde von Diors StarfotografWilly Maywald gefördert. Der empfahl ihr einen Na- menswechsel. Nico war geboren.
In den späten 1950er Jahren stieg sie zum gefragten Mannequin auf, eine Claudia Schiffer der Nachkriegszeit. Es war irre: Fellini ließ sie in „La Dolce Vita“mitspielen, sie pendelte zwischen London und New York, und vor allem hat- ten es ihr die Rocker angetan. Ihr werden Affären mit Jimmy Page von Led Zeppelin, mit Jim Morrison von den Doors und Brian Jones von den Rolling Stones nachgesagt. Leonard Cohen war verliebt in sie, Iggy Pop widmete ihr einen Song. Andrew Loog Oldham, der Manager der Stones, überredete sie, eine Single aufzunehmen. Bob Dylan stellte sie schließlich Andy Warhol vor, der suchte gerade eine neue Muse – nun hatte er sie gefunden.
Nico wurde Teil von Warhols Kreativgemeinschaft „The Factorty“, sie spielte in seinen Filmen mit, und er vermittelte sie seiner HausbandVelvet Underground als Sängerin. Band-Chef Lou Reed war damit nicht einverstanden, aber es nütze nichts, denn die Plattenfirma wollte die Gruppe nur mit Nico unter Vertrag nehmen – und überhaupt nur ihretwegen. Reed ließ Nico auf der Debüt-LP von Velvet Underground – die mit der Banane auf dem Cover – nur drei Lieder singen. Alle sind Klassiker: „All Tomorrows’s Parties“, „Femme Fatale“und „I’ll Be Your Mirror“. Auch Lou Reed soll übrigens mit Nico liiert gewesen sein.
Nico nahm bald eigene Alben auf, „Chelsea Girl“(1967) war das erste, „Marble Index“(’69) und „Desertshore“(’70) waren die besten. John Cale, ebenfalls Mitglied von Velvet Underground, produzierte die beiden letztgenannten, und was man da zu hören bekam, klingt heute noch kraftvoll. Düstere, litaneiartige Kunstlieder, hart vorgetragen, beinahe gesprochen. Generationen von Musikern wurden davon beeinflusst, darunter Ian Curtis von Joy Division und Patti Smith.
Nico wurde zur „Sphinx aus Eis“, wie ein viel gespieltes Theaterstück von Werner Fritsch über sie heißt. So viele Mythen ranken sich um sie. Große Teile der 1960er und 70er Jahre erlebte sie im Heroin-Taumel. Sie bekam einen Sohn, Ari heißt er, und der Vater sei Alain Delon, sagte Nico. Der war damals mit Romy Schneider zusammen, er erkannte das Kind nicht an, und Nico war nicht in der Lage, es großzuziehen. Delons Mutter adoptierte Ari schließlich, was zum Zerwürfnis zwischen ihr und Delon geführt haben soll.
Die Drogenexzesse hinterließen ihre Spuren, man erkannte Nico kaum wieder. 1988 brach sie zu einer letzten Tour auf. „Prinzessin der Finsternis“wurde sie genannt. Im Film fragt sie einen Gefährten, ob sie hässlich sei. Ja, antwortet er. Darauf sie: „Gut. Ich war sehr unglücklich, als ich schön war.“Ihr Sohn hatte versucht, sich das Leben zu nehmen. Sie näherte sich ihm wieder an, dann ging sie Radfahren auf Ibiza und kehrte nicht mehr zurück. Kurz vor ihren Tod sagte die 50-Jährige: „Ich war ganz oben. Ich war ganz unten. Beide Plätze sind leer.“
Info Morgen zeigt das Cinema in Düsseldorf ab 20 Uhr die Filme „Nico, Icon“und „Nico 1988“. Adresse: Graf-Adolf-Str. 47.